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Ein Text von Klaus Jans aus den Jahren 2013/2014
||| Ein ganz kurzer Sprach-Essay |||


DER TEXT IN UNS UND DIE SPRACHE ALS UNSER EWIGER BETRUG


                                                        von Klaus Jans

Wollte man mal einen Text sprechen, so könnte es einer wie dieser sein.


Es könnte ein Text sein, wenn jemand anders besser beginnen würde, als ich es jetzt genau hier tue.


Wenn Sie mich also fragen, was für einen Text ich gedenke zu schreiben, dann möchte ich entgegnen, dass es gar nicht um das Schreiben als solches geht, sondern dass es eher um den Text geht.


Sie wissen, was ich meine? Oder wissen Sie nicht, was ich meine?


Was soll ich denn jetzt sagen, was soll ich denn jetzt antworten, was soll ich denn jetzt tun?


Er wird mir helfen, diese Dinge aufzutragen, dass sie auf dem Papier stehen ... so wie eine geschnittene Scheibe Brot auf dem Tisch liegt. Denn letztendlich geht es uns doch nur um das geschnittene Brot. Oder geht es uns doch um die geschnittene Sprache?


Da hat aber schon mancher gesagt, die Sprache ist gar keine geschliffene, geschnittene, sondern (nur) eine geschliffene. Das sind diese Redewendungen, mit denen wir uns rumplagen, die mal so, und mal so funktionieren.


Dann sagt eine dieses, dann sagt der andere jenes, und dann sagt diese solches.


Mir ist bewusst, dass alles, was ich hier sage, gar nicht so aufregend ist, denn es ist ja letztendlich auch bekannt.


Dennoch sollte uns allen klar sein, dass eine Befassung mit dieser Thematik letztendlich zur Befreiung der Menschheit führen wird. Wenn der freie Mensch weiß, dass die Sprache ein Fenster in die Wirklichkeit ist.


Diese Wirklichkeit umgibt uns ständig. Wir erfahren sie immer und jederzeit. Aber wir wissen nicht, was wir mit dieser Wirklichkeit machen sollen. Wir haben keine Idee, wie Sie mit dieser Wirklichkeit verfahren müssen.


Die Wirklichkeit strömt auf uns ein und bildet damit unser Leben, d. h. wir bewegen uns in der Wirklichkeit und werden von der Wirklichkeit bewegt. An vielen Tagen fragen wir uns, ob wir uns bewegen oder ob die Wirklichkeit uns am Ende steuert.


Diese Zweifelsfälle umgeben uns Tag und Nacht.


Wir träumen davon, wir denken daran, wenn wir im Auto sitzen oder im Zug oder im Bus: Wir denken, aber es wird keine Antwort geben.


Bis uns dies zum Verzweifeln bringt.


Deshalb haben wir uns entschlossen, dieses und solches in Sprache zu kleiden. Die Sprache soll dann das tragen, was wir denken und fühlen.


Das kann natürlich überhaupt nicht gehen, weil das Denken und Fühlen so schnell und so komplex ineinandergeht, ja, besser: ineinandergehen, sich auseinander wieder wegbewegen, um sich dann neu zu verwirklichen, dass die Sprache das gar nicht abbilden kann.


Sprache kann nur versuchen, Teil-Elemente dieses Empfindens und Denkens wiederzugeben. Und die Sprache kann dann entweder gesprochen sein oder sie kann geschrieben sein.


Auch dies ist nicht gleich, weil die gesprochene Sprache viel mehr Dinge noch beinhaltet: die Betonungsgeschwindigkeit und Modulation und Tonhöhe und, was man alles nennen kann.


Die geschriebene Sprache ist hingegen eine Versachlichung. Die man so oder so interpretieren kann. Das hängt vom Lesenden ab.


Der Lesende bringt seine eigene Einsicht in den Text hinein und liest ihn so, wie er ihn selber versteht.


Er liest auch die Betonungen so, wie er sie selber versteht.


Es sei denn, der Schreibende hätte die Betonungen vorgegeben. Aber man kann nur die Betonungen vorgeben, vieles andere nicht. Oder man entwickelt ein spezielles linguistisches Spracherfassungssystem, was aber den normalen Bürgern verschlossen bleibt, und eigentlich auch den Journalisten, Schriftstellern und sonstigen Schreibenden (und natürlich die Frauen hier eingeschlossen).


Das bedeutet also, dass wir ständig die Dinge in Sprache fassen und somit in Sprache einkleiden, in der Hoffnung, wir könnten uns mitteilen.


Dabei wissen wir nie genau, was der andere aus unseren Worten macht. Der andere (oder die andere) kann solches oder solches darin sehen, kann solches oder solches daraus verstehen, kann solches und solches (an)nehmen. Es ist ein großes und vielfältiges Problem.


Man würde sich wünschen, dass es in der Geschichte der Menschheit eine Lösung für dieses Problem gäbe.


Aber nach allem, was wir wissen, und nach allem, was wir meinen zu wissen, kann es dafür keine Lösung geben. Die gedachte Lösung wäre: Der Gedanke schreibt.


Aber auch hier hören Sie, dass ich das Wort „schreiben“ benutze, das heißt, in meiner Vorstellung muss immer geschrieben werden.


Ich will meine Gedanken niedergeschrieben haben.


Ich bin also befangen in der Idee, dass alles, was ich denke, unbedingt in Sprache gekleidet werden muss, um klar verständlich zu sein – und selbst, wenn ich mein Gehirn und Dinge in meinem Gehirn mitschreiben lassen wollte, von einer gedachten Maschine, die Gedanken mitschreibt, kann ich es mir wiederum nur so vorstellen, dass diese Maschine meinen Gedanken dann lediglich entsprach.


Einzige Reform wäre vielleicht: Sie hat nicht eine Zeile, sondern wie ein Notenblatt mehrere Zeilen, diese Erfass-Maschine, weil ja gleichzeitig auch mehrere Gedankenströme in meinem Kopf aktiv sind.


Und denke Dir so eine Maschine so gut aus, wie es mehrere Spuren wie auch Tonspuren im Studio gibt, und dann nehmen wir diese Gedankenströme von diesem Autor, den wir jetzt vor uns haben, und setzen die vielen Spuren untereinander als Paralleltexte.


Da hat es ja auch schon Schriftsteller gegeben, die so Bücher geschrieben haben.


Es ändert aber nichts daran, dass es immer und allein bei der Sprache bleibt.


Alles wird in Sprache dargestellt.


Dann gibt es noch die andere Variante, das ist der bildende Künstler, nehmen wir den Maler.


Der Maler kann natürlich vieles, was er denkt, spürt, fühlt, wahrnimmt, ins Bild umsetzen.


Dann gibt es sogar noch die Kombination: Ich nehme mal nur Bild und Text.


Dass er sich aber ein Bild nimmt, und das Bild liefert Informationen, und ich habe einen Text, und der Text liefert Informationen zu dem Bild. Beides zusammen ist dann wiederum eine neue Information. Das wäre dann die Kombination aus Bild und Sprache.


Aber gibt diese Kombination denn wirklich wieder, was derzeit in unserem Kopf abläuft?


Wird wirklich teils gespiegelt, was in unserem Kopf ständig an Strömen abläuft, die wir selber ja nicht durchschauen können? Durch die Kombi Bild/Text?


Wir wissen ja gar nicht, ob wir im Kopf (also jeder von uns) alles haben, oder Sprache haben ... oder Bilder haben ... oder Musik haben ... oder Gerüche ... oder den Sud von Erinnerungen.


Vielleicht geht alles munter durcheinander und wir würden gerne in unseren Kopf hineinschauen.


Aber wir können immer nur denken, wir wüssten, was wir denken – das wäre ein Zitat.


Wir denken, wir wüssten, was wir denken.


Aber selbst dieses Zitat bezieht sich dann wieder nur auf die Idee des Denkens.


Dann haben wir noch das nächste Wort, das Wort des Fühlens ... und selbst diese Worte hier allesamt zu denken und das dann zu fühlen, bringt ja gar nicht zum Ausdruck, was in uns drinnen wirklich abgeht.


Das muss ja mal gesagt sein! (Schon wieder als Sprache! Blöd aber auch!)


___

(Der  Text wurde hier für die Homepage-Variante nochmals durchgesehen und evtl. rechtschreibemäßig korrigiert und auf die neuere Rechtschreibung angepasst.)


EIN TEXT VON KLAUS JANS.
25.12.2013 und 8.2.2014, kleine minimale Korrekturen am 16.2.2023.






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