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der prozess gegen
das mitglied der nationalversammlung 1848/1849,
adolph bermbach, notariats-candidat aus köln, gewählt für siegburg.


a. bermbach, erst seit februar 1849 an der NV leibhaftig teilnehmender,
stand am 9-1-1850
in köln

vor dem assisengericht
wegen complott(s)/hochverrat(s)/umsturzversuch(s)/etc.
... und das nach ca. 7 monaten untersuchungshaft.

 

ARTIKEL-TEXT am 10-1-1850 eine Seite ... und Fortsetzung von vier weiteren Seiten am 13-1-1850, jeweils in der "Kölnischen Zeitung". Geht auch noch weiter in der Beilage der Kölnischen Zeitung vom 13-1-1850.


HINWEIS K. J. :
ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR oder ZITAT REDE BERMBACH wurde jeweils vor den Absatz gesetzt, damit man sich besser zurechtfindet. Im Original der KoeZei werden jeweils vor den ganzen Absatz lediglich 1 x Anführungszeichen in die jeweils erste Zeile gesetzt, damit man weiß: Es ist immer noch die Rede von A oder B. Das wird hier anders gehalten. ||| Auch werden längere Absätze in kleinere unterteilt, damit man es besser lesen kann. Das Original ist nämlich im wahrsten Sinne des Wortes eine Bleiwüste, siehe hier unten eine von K. J. stark verkleinerte BEISPIEL-Seite, hier KoeZei 13.1.1850, anbei. (K. J. im Dezember 2023)



 

Der Staats-Procurator bzw. General-Procurator (Ankläger gegn Adolph Bermbach) hieß Otto Saedt. Er taucht zum Beispiel 1850 ... im Allgemeinen Adreß-Buch (Wohnungs-Anzeiger) für Cöln, Herausgegeben von J. B. Greven, Verlag W. Greven ... auf,
siehe S. 240:
Saedt Otto, Staats-Prokurator, Mohrenstr. 12. [X]
ABER: z. B. 1855 im Adressbuch wohnt er dann in der Zeughausstraße 24. [X]

:::
Der Anwalt von Adolph Bermbach soll (auch laut Artikel hier) ein Herr Hagen gewesen sein, im Adress-Buch Cöln 1850, Seite 163, finden wir mit dem Nachnamen Hagen einzig den Advokat-Anwalt Lambrecht Hagen. Elisenstraße 12. [X] Der könnte es gewesen sein.


||| -- Es folgt nun bald der Text aus der Kölnischen Zeitung 10.1.1850 (aber am 10.1.1850 die ZWEITE AUSGABE) und 13.1.1850 (am 13.1.1850 aber ZWEITE AUSGABE!). Dort aber über diverse Seiten gestreut. -- ||| Manches bleibt nicht lesbar, a) wegen Zustand der Zeitungsseite, b) wegen der Bindung der Seite, dann fehlen am Bund optisch einige real wohl existente Buchstaben, man kann sie zumindest nicht lesen ... und dann wurden hier solche Zeichen ##### gesetzt. Der Text kann also am Ende der Prozedur nicht zu 100 % dem Druck in der KoeZei entsprechen, aber vielleicht zu 97 %. [X] Bisweilen wird in den Reden klein weitergeschrieben, z. B. nach einem Ausrufezeichen. Das wurde so gelassen. Oder groß wie "Schuldig", ein Adjektiv. Auch das wurde belassen. Manche (wenige!) Apostrophe, die offenbar falsch gesetzt waren, wurden hingegen weggelassen. Ebenso gab es immer wieder mal "Blindzeichen", die z. B. als Strich zwischen den Worten erschienen. Auch diese wurden weggelassen. [X] Offensichtliche Satz-Fehler wie "Fotge" statt "Folge" wurden stillschweigend korrigiert.


Da bei direkter Rede vor jedem Absatz in der KoeZei (Anklage-Rede Staatsprocurator, Verteidigungs-Rede Adolph Bermbach) 1 x Anführungszeichen stehen, um zu zeigen: Die direkte Rede geht in diesem Absatz weiter ... wurden die Anführungszeichen von (weiteren) (externen) (sonstigen) Zitaten innerhalb dieser Reden dann von der KoeZei mit optisch für uns ungewohnten, doppelten Anführungszeichen gesetzt. BEISPIEL AUS DEM ARTIKEL FÜR SOLCH EIN ZITAT INNERHALB EINER REDE: „„Sobald die Zahl der anerkannten Mitglieder 350 erreicht, hat der Vorsitzende die National-Versammlung zu einer Sitzung einzuladen.““ [X] Die Gedankenstriche sind die langen Gedankenstriche, die wir heute nicht mehr benutzen, zumindest in Deutschland. Die Bindestriche waren im Original immer Gleichheitszeichen. Hier stehen jetzt aber die bei uns heutzutage üblichen kurzen, einfachen Bindestriche. Und bedenken Sie: Hier sind es nun viel mehr Absätze als im Original. Einfach deshalb, damit man es etwas leichter lesen kann. – NUN DER TEXT. Wir haben grob rund 100.000 Zeichen inklusive Leerzeichen. [X]

 



Der Zeitungskopf der Kölnischen Zeitung vom 10.1.1850, ABER ACHTUNG: Zweite  Ausgabe des Tages! In der zweiten Ausgabe wird der lange Bericht über den Kölner Prozess (am 9.1.1850 war der) gegen den Notariats-Kandidaten Adolph Bermbach begonnen, Anklage wegen Umsturz-Komplotts, und dann wird der Artikel am 13.1.1850 noch über viele Seiten fortgesetzt. Hier oben wurde der Zeitungskopf verkleinert von K. J.



"Kölnische Zeitung" vom 10.1.1850. Donnerstag, aber: ZWEITE AUSGABE !!!, Seite 3 (in der ERSTEN AUSGABE stand der Artikel noch nicht.) Der Artikel beginnt dort in der linken Spalte, aber weiter unten.

 

 

Assisen-Prozedur gegen den Abgeordneten zur deutschen National-Versammlung Adolph Bermbach.

Verhandelt zu Köln am 9. Januar 1850.


Adolph Bermbach, 28 Jahre alt, Notariats-Candidat, früher zu Siegburg, jetzt zu Köln wohnhaft, trat am 26. Februar 1849 als Deputirter des Siegkreises in die deutsche Nationalversammlung ein und betheiligte sich von da an fortwährend an ihren Verhandlungen. Nachdem die Versammlung ihren Sitz von Frankfurt nach Stuttgart verlegt hatte, ging B. auch dortin und nahm insbesondere an den Beschlüssen und Wahlen vom 6. Juni v. J. Antheil. Als die Versammlung in Stuttgart gesprengt worden, kehrte B. nach Köln zurück. Hier wurde er wegen seiner Theilnahme an jenen Beschlüssen vom 6. Juni zur Untersuchung gezogen und verhaftet unter der Anklage, am 6. Juni 1849 zu Stuttgart mit Anderen ein Complott zum Zwecke des Umsturzes und der Veränderung der preußischen Regierung und der deutschen Bundes-Verfassung, so wie der Bewaffnung der Bürger gegen die bestehenden Regierungen gemacht zu haben, — Verbrechen, welche in

 

Weiterhin ist es die Kölnische Zeitung vom 10.1.1850. Es folgt nun weiterhin der Text von Seite 3 der Ausgabe. Aber nun ist es die mittlere Spalte. [X]

 

den Artikeln 87 und 89 *) des Strafgesetzbuches und im Gesetze vom 28. October 1836 vorgesehen sind.


Die Rathskammer des k. Landgerichts gab dieser Anklage Statt. Der rheinische Appellations-Hof hat indeß die Anklage nicht erkannt, sondern durch seine Entscheidung vom 21. August 1849 den Leibverhafts-Befehl der Rathskammer wieder aufgehoben und verordnet, daß der Angeklagte, wenn er nicht wegen anderer Ursachen verhaftet sei, in Freiheit gesetzt werde, weil nach dem Gesetze vom 30. Sept. 1848 kein Abgeordneter wegen seiner Abstimmung in der Reichs-Versammlung und wegen der bei Ausübung seines Berufes gethanen Aeußerungen zu irgend einer Zeit gerichtlich verfolgt werden dürfe; weil eine Auflösung der deutschen National-Versammlung bis zum 6. Juni 1849 nicht erfolgt war; dieselbe vielmehr durch ihre formel wenigstens nicht ungültigen Beschlüsse vom 1. und 25. Mai 1849 ihre Permanenz bis zum Zusammentritte des Reichstages erklärt, die Verlegung des Sitzes von Frankfurt nach jedem anderen Orte und namentlich nach Stuttgart vorgesehen, und der Rest des Parlaments sich in beschlußfähiger Anzahl bis zum 6. Juni erhalten habe.


Dieses Urtheil des Appellations-Hofes wurde in Folge des vom Hrn. General-Procurator dagegen ergriffenen Cassations-Recurses durch Entscheidung des Revisions- und Cassations-Hofes vernichtet, indem letzterer annahm, daß das Gesetz vom 30. September 1848 auf die stuttgarter Versammlung keine Anwendung erleide, weil das Tagen der Reichs-Versammlung zu Frankfurt, ihrer Berufung durch die Bundes-Versammlung gemäß, zur rechtlichen Existenz dieser Versammlung wesentlich gehöre, die letztere daher einseitig und ohne Vereinbarung mit der an die Stelle der Bundes-Versammlung getretenen und mit der Reichs-Versammlung ein Ganzes bildenden Central- Gewalt weder nach Stuttgart, noch an einen anderen Ort verlegt werden, somit aber der desfallsige, wenngleich in beschlußfähiger Anzahl der Mitglieder gefaßte Beschluß ohne Concurrenz der Central-Gewalt für das Forttagen in Stuttgart kein rechtliches Fundament abgeben konnte, daß demnach am 6. Juni eine deutsche National-Versammlung in Stuttgart nicht existirt habe, daß auch das preußische Wahlgesetz vom 11. April, so wie das Reichsgesetz vom 30. Sept. 1848 offenbar nur die Reichs-Versammlung in Frankfurt vor Augen haben, und daher die Mitglieder der stuttgarter Versammlung nicht als Abgeordnete der deutschen Reichs-Versammlung, sondern nur als Privatpersonen anzusehen seien.


In Folge dieses Urtheils steht heute Bermbach vor dem Assisenhofe, angeklagt: am 6. Juni 1849 zu Stuttgart mit Anderen ein Complott zum Zwecke des Umsturzes und der Veränderung der preußischen Regierung und der deutschen Bundes-Verfassung, so wie der Bewaffnung der Bürger gegen die bestehenden Regierungen gemacht zu haben.


Nach Bildung des Geschwornengerichts und den gewöhnlichen General-Fragen werden die beiden erwähnten Urtheile des Appellations-Gerichtshofes und des Cassations-Hofes, so wie der vom Hrn. General-Procurator gefertigte Anklage-Act verlesen. Letzterer lautet also:


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Am 30. März 1848 wurde von der deutschen Bundes-Versammlung der Beschluß gefaßt, die Bundes-Regierungen aufzufordern, in ihren sämmtlichen dem deutschen Staaten-Systeme angehörigen Provinzen Wahlen von National-Vertretern anzuordnen, welche am Sitze der Bundes-Versammlung zusammenzutreten haben, um zwischen den Regierungen und dem Volke das deutsche Verfassungswerk zu Stande zu bringen. Ein Beschluß der Bundes-Versammlung vom 7. April 1848 ordnete den Wahlmodus an. Auf den Grund dieser Beschlüsse wurde die Verordnung vom 11. April desselben Jahres über die Wahl der preußischen Abgeordneten zur deutschen National-Versammlung erlassen und vom Volke die Wahl der Abgeordneten vorgekommen. Die zu Frankfurt zusammengetretene National-Versammlung gründete am 28. Juni 1848 in der Person eines Reichsverwesers eine provisorische Central-Gewalt für Deutschland, welche bis dahin, daß das Verfassungswert für Deutschland beendigt und in Ausführung gebracht sei, die vollziehende Gewalt in allen Angelegenheiten, welche die allgemeine Sicherheit und Wohlfahrt des deutschen Bundesstaates betreffen, zu üben, die Oberleitung der gesammten bewaffneten Macht zu übernehmen, die völkerrechtliche Vertretung auszuüben, über Krieg und Frieden und über Verträge mit auswärtigen Mächten im Einverständnisse mit der National-Versammlung zu beschließen, in Beziehung auf die Vollziehungs-Maßregeln sich so weit thunlich mit den Bevollmächtigten der Landes-Regierungen ins Einvernehmen zu setzen habe.

 

ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Am 12. Juli 1848 übertrug auch die Bundes-Versammlung Namens der deutschen Regierungen die Ausübung ihrer verfassungsmäßigen Befugnisse und Verpflichtungen, als Organ des deutschen Bundes, an die provisorische Central-Gewalt. An demselben Tage trat der zum Reichsverweser erwählte Erzherzog Johann von Oesterreich das Amt der provisorischen Central-Gewalt an. Während die National-Versammlung in Berathschlagung über die Verfassung fortfuhr, wurde der Angeklagte Adolph Bermbach im Siegkreise an die Stelle des abgetretenen früheren Abgeordneten dieses Bezirkes zum Mitgliede der National-Versammlung gewählt; er trat am 26. Februar 1849 in dieselbe ein und nahm von da an fortdauernd an ihren Verhandlungen Antheil.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Ende März 1849 wurden die deutsche Reichs-Verfassung und das Wahlgesetz in zweiter Lesung beschlossen und Se. Maj. der König von Preußen zum erblichen Kaiser des deutschen Reiches erwählt. Allein diese Beschlüsse konnten aus mehrfachen Gründen nicht zur Geltung gelangen und ins Leben treten. In Oesterreich waren durch die Verfassung vom 6. März 1849 sämmtliche Theile der Monarchie, unter ihnen auch die deutsch-österreichischen Lande, zu einem Gesammtstaate mit Volksvertretung vereinigt. Hiermit erschien die Unterordnung derselben deutsch-österreichischen Lande unter eine Verfassung, wie sie von der National-Versammlung beschlossen war, gänzlich unvereinbar. Die österreichische Regierung hatte der National-Versammlung gegenüber wiederholt die Erklärung abgegeben, daß Oesterreich seine deutschen Provinzen nicht aus dem Verbande weisen könne, welcher die Monarchie zur Einheit gestalte; daß, wer die Einheit Deutschlands wolle, denjenigen Weg suchen müsse, welcher es Oesterreich möglich mache, ohne Aufgabe seiner selbst im Gesammt-Vaterlande zu verbleiben, und daß sie auf dieser Grundlage bestehe, weil es der National-Versammlung obliege, eine Verfassung für das gesammte Deutschland herzustellen. Diese Erklärung der österreichischen Regierung stimmte mit der Meinung eines großen Theils sowohl der Abgeordneten als des österreichischen und deutschen Volkes überein, und es wurde deßhalb von dieser Seite die Anerkennung und Durchführung der Reichs-Verfassung als Spaltung des Vaterlandes betrachtet und abgelehnt. Seine Majestät der König von Preußen machte die Uebernahme der ihm angetragenen Kaiserwürde von einer gemeinsamen Berathung der deutschen Regierungen über die Verfassung und von dem freien Einverständnisse derselben abhängig.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Die Regierungen der größeren deutschen Staaten, insbesondere auch Baiern, Sachsen und Hannover, erkannten die Verfassung nicht an, indem sie einestheils der National-Versammlung, deren Mandat dahin laute, zwischen den Regierungen und dem Volke die Verfassung zu Stande zu bringen, das Recht bestritten: einseitig aus alleiniger Machtvollkommenheit und ohne Vereindarung mit den Regierungen die deutsche Verfassung festzustellen, und indem sie anderentheils behaupteten: die entworfene Verfassung, welche nicht aus den Principien einer gleichgesinnten Majorität, sondern aus Transactionen der entgegengesetztesten Parteien u. Principien hervorgegangen sei, schließe Oesterreich mit Unrecht von Deutschland aus und entbehre der inneren Harmonie und Haltbarkeit; bei ihren einander ganz widersprechenden Elementen könne sie Deutschland nur neuen Stürmen entgegenführen, ihr Charakter und das alle Schrecken überschreitende Wahl-Gesetz lasse sie nur als Mittel erscheinen, um die oberste Gewalt zu beseitigen und die Republik einzuführen. Diese Auffassung wurde ebenfalls von einem Theile des deutschen Volkes und seiner Abgeordneten getheilt. Ungeachtet dieser Hindernisse und ungeachtet durch die Ablehnung der Kaiserwürde sogar ein wesentlicher Bestandtheil der Verfassung, das Oberhaupt des Reiches, mangelte, erklärte die deutsche National-Versammlung, an der von ihr beschlossenen Verfassung unwandelbar festzuhalten.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Inzwischen legte alsbald eine bedeutende Anzahl von Abgeordneten aus Oesterreich, welche ihr Vaterland als ausgeschlossen ansahen, theils aus eigenem Antriebe, theils auf die Abberufung von Seiten ihrer Regierung, ihr Mandat nieder. Dadurch änderte sich das Machtverhältniß der Parteien in der National-Versammlung erheblich zum Nachtheil der gemäßigteren Seite. Die Richtung, welche sodann die Anträge und bald auch die Beschlüsse nahmen, während in Sachsen, in der baierischen Pfalz, in Baden und in einzelnen Gegenden Norddeutschlands die gewaltthätigsten Empörungen, angeblich zur Durchführung der Reichs-Verfassung, sich erhoben, bewog von Neuem viele Mitglieder, insbesondere auch aus Preußen, zum Austritt, meist unter der Erklärung, daß die Versammlung über ihr Mandat hinausgehe.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Am 14. Mai 1849 erklärte auch die preußische Regierung das Mandat der Abgeordneten für Preußen für erloschen, weil in der jetzigen Versammlung nicht mehr die gesetzliche Vertretung der deutschen Nation in ihrer Gesammtheit zu erkennen sei, und weil die Versammlung durch ihre auf thatsächliche Durchführung der Verfassung gerichteten Beschlüsse, durch Eingriffe in die ihr nicht zustehende vollziehende Gewalt und durch offene Feindschafts-Erklärung gegen den preußischen Staat ihr Mandat, vermöge dessen sie zu-


Weiterhin ist es die Kölnische Zeitung vom 10.1.1850. Es folgt nun weiterhin der Text von Seite 3 der Ausgabe. Aber nun ist es die rechte Spalte. [X]


sammengetreten, überschritten und den Boden des Rechtes und des Gesetzes verlassen habe.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Von dieser Abberufung wurde auch der Angeklagte durch den preußischen Bevollmächtigten bei der Central-Gewalt officiel und brieflich in Kenntniß gesetzt, er leistete ihr jedoch keine Folge. Nachdem auch die sächsischen Abgeordneten abberufen worden, und Austritte von Abgeordneten in großen Massen, unter Andern von 65 Personen an einem Tage, Statt gefunden hatten, kam zur völligen Herrschaft in der Versammlung die Partei, welche durch Gewalt und Bürgerkrieg die Verfassung ohne Weiteres zu erzwingen trachtete, verbunden mit Denjenigen, welche grundsätzlich Feinde der Monarchie, die Verfassung nur als Mittel oder als Vorwand zum allgemeinen Staatsumsturze und zur Erkämpfung der Republik gebrauchten.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Als die Versammlung in dieser Weise einestheils immer maßloser und der Central-Gewalt, welche keine Gewaltmaßregeln ausführte und die Empörungen nicht unterstützte, immer feindschaftlicher geworden, anderntheils in der Zahl ihrer Mitglieder von 6o5 auf 150 Anwesende herabgeschmolzen war, wurde am 24, Mai 1849 durch 115 gegen 35 Stimmen festgesetzt, daß die National-Versammlung künftig beschlussfähig sein solle, wenn auch nur 100 Mitglieder anwesend seien, und es gelang am 30. Mai mit 71 gegen 64 Stimmen den Beschluß durchzusetzen; daß die National-Versammlung von Frankfurt nach Stuttgart verlegt sei, und daß die Central-Gewalt aufgefordert werde, sich ungesäumt an diesen Ort zu begeben. Die Central-Gewalt ging in die Ausführung dieses Beschlusses nicht ein, indem sie die Verlegung nach Stuttgart für ungültig und illegal ansah und eine dortige Zusammenkunft nicht als die deutsche National-Versammlung anerkannte.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Dagegen traten 105 der Abgeordneten in Stuttgart zusammen, unter ihnen der Angeklagte Bermbach, welcher auch in Frankfurt zu dieser extremen Partei gehört hatte. So wie der Zweck der Verlegung nach Stuttgart offenbar dahin ging, sich auf den Aufruhr in der Nähe, in Baden und in der Pfalz zu stützen, das„hinlänglich unterwühlte Würtemberg“ in eine gleiche Bewegung hineinzureißen und sich an die Spitze eines zur Anarchie gebrachten Süd-Deutschlands zu stellen, so hatte auch sofort das erste Geschäft der Zusammengetretenen die Organisation der Gewalt gegen die Landes-Regierungen und gegen die Central-Gewalt in Frankfurt zum Gegenstande.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Unter dem Namen der deutschen National-Versammlung faßten jene Personen durch Mehrheit von 93 gegen 10 Stimmen am 6. Juni 1849 in ihrer ersten Zusammenkunft den folgenden Beschluß: 1) Bis zur Einsetzung des Reichs-Statthalters wird von der National-Versammlung eine Regentschaft von 5 Personen einzeln und mit absoluter Stimmen-Mehrheit erwählt, welche der National-Versammlung verantwortlich ist; die Reichs-Verfassung durchzuführen, die Beschlüsse der National-Vezsammlung zu vollziehen und im Uebrigen die durch das Gesetz vom 28. der provisorischen Central-Gewalt übertragenen Pflichten und Befugnisse auszuüben hat. 2) Die Wirksamkeit der provisorischen Central-Gewalt hört mit dem Augenblick des Eintritts der Regentschaft auf. 3) Als nächste Zielpuncte ihrer Wirksamkeit bezeichnet die National-Versammlung der Regentschaft: a. schleunige Aufstellung eines Reichsheeres und Organisation der Volks-Bewaffnung zur Durchführung der Reichs-Verfassung; b. Wahrung der Interessen Deutschlands nach außen, insbesondere auch in der deutsch-dänischen Angelegenheit — u. s. w. An demselben 6. Juni wählten die in Stuttgart Versammelten fünf Personen aus ihrer Mitte und constituirten dieselben als Reichs-Regentschaft.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Diese sogenannte Reichs-Regentschaft erklärte denn auch wirklich, die Zügel der Regierung Deutschlands in die Hand zu nehmen, erließ Aufrufe an das deutsche Volk, in denen sie jeden ferneren Gehorsam gegen Befehle der bisherigen provisorischen Central-Gewalt mit der Ahndung des Treubruchs gegen das Gesetz und die deutsche Nation bedrohte, sandte Befehle an die Heere der Central-Gewalt und der Regierungen, verkündigte als Gesetz einen in der Zusammenkunft zu Stuttgart gefaßten Beschluß zur Organisation der von ihr aufzustellenden Heeresmacht, rief durch eine Proclamation an das deutsche Volk alle Männer von 18—30 Jahren sofort unter die Waffen zum Kampfe für die Freiheit gegen die schamlose Unterdrückung und vor Allem, um Baden und der Pfalz die Bruderhülfe zuzuführen, sandte Commissaire in die aufgewiegelten Lande und suchte durch alle Mittel ihre angemaßte Obergewalt über Deutschland zur Geltung und die Revolution in Süd-Deutschland zum Siege zu bringen, bis am 18. Juni die bergische Regierung der Versammlung in Stuttgart ein Ende machte und bald nachher, doch nicht ohne blutige Kämpfe, der Aufruhr besiegt wurde.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Der Angeklagte hat in der Zusammenkunft zu Stuttgart für den Be schluß vom 6. Juni seine Stimme abgegeben; er war unter denjenigen, die einen Zusatz-Antrag verwarfen, welcher die Gewaltsamkeit dieses Beschlusses durch ein Ersuchen an die würtembergische Regierung noch einiger Maßen mildern sollte. Der Angeklagte hat ebenfalls am 6. Juni an der Wahl der Reichs-Regentschaft Antheil genommen; er hat sich auch an den späteren Verhandlungen zu Stuttgart, unter Anderm an den Beschlüssen über die Bildung der Volkswehr und an einem Auftrage an die Regentschaft: der von Erzherzog Johann angemaßten Gewalt mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln entgegen zu treten u. s. w., durch Abstimmung und durch von ihm verfaßte Verbesserungs-Anträge betheiligt.


(Fortsetzung folgt.)


Wir bemerken vorläufig, das spät Abends Herr Bermbach von den Geschwornen für nicht schuldig erklätt wurde.


*) Art. 87. Ein Attentat oder Complott gegen das Leben oder die Person der Glieder der kaiserlichen Familie — das Attentat oder Complott dessen Zweck ist — entweder die Regierung oder die Ordnung der Thronfolge umzustürzen oder zu verändern; — oder die Bürger oder Einwohner aufzureizen, sich gegen die kaiserliche Gewalt zu bewaffnen  — werden mit dem Tode und der Confiscation des Vermögens bestraft. Art. 89. Ein Complott ist vorhanden, sobald der Entschluss zu handeln, unter zwei oder mehreren Verschworenen verabredet und beschlossen ist, obschon noch kein Attentat Statt gehabt.



::: FORTSETZUNG DES ARTIKELS in der KoeZei 3 TAGE SPÄTER :::


Weiterhin ist es die "Kölnische Zeitung", aber nun die vom 13.1.1850. Und: Es ist die ZWEITE AUSGABE des Tages. Es folgt nun der Text von Seite 2 dieser zweiten Ausgabe. Aber auf der rechten Spalte stand/begann dieser. Dort wird nämlich der Artikel vom Donnerstag, 10.1.1850, fortgesetzt. [X]



Kölnische Zeitung vom 13.1.1850.



Assisen-Procedur gegen den Abgeordneten zur deutschen National-Versammlung Adolph Bermbach.


(Forts.— S. Nr. 9, 10 u. 11 d. Bl., 2. Ausgabe.)


Der Staats-Procurator Saedt fährt in seiner Rede zur Rechtfertigung der Anklage folgender Maßen fort:


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Wenn nun diese nur als Mittel zu dem in jenem Beschlusse formel ausgesprochenen Zwecke: „die in Frankfurt beschlossene Reichs-Verfassung zur Geltung zu bringen“, erscheinen, so lassen sie sich durch diesen angeblichen Zweck keineswegs beschönigen, denn dieser Zweck involvirte in sich selbst einen Angriff auf die preußische Verfassung. Se. Majestät hatte die Annahme der Kaiserkrone abgelehnt. Jeder Zwang, nun ihn zur Annahme zu bringen, würde eine Verletzung seiner Souverainetät, die einen integrirenden Theil unserer Verfassung bildet, darstellen. Preußen selbst aber würde, wenn die Verfassung durchgeführt wäre, aus der Reihe der selbstständigen Staaten verschwunden sein; es würde ein integrirender Theil des deutschen Reiches, nichts mehr und nichts weniger als eine Provinz; denn die wichtigsten Hoheitsrechte, die bisher in ihm als selbstständigem Staate beruht hatten, gingen von dem preußischen Könige auf den deutschen Kaiser und andere Staatsgewalten, die außerhalb Preußens fußen sollten, über. Es bedarf dies keiner Ausführung; denn die oberflächlichste Anschauung der frankfurter Verfassung zeigt, daß in den §§. 6 bis 84 der Reichs-Gewalt und dem Kaiser fast alle Hoheitsrechte, die bisher den einzelnen Staaten eigenthümlich waren, übertragen wurden.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Und alles dieses, wie sollte es erreicht werden? Auch darüber läßt der Beschluß keinen Zweifel: durch schleunige Aufstellung eines Reicheheeres und Organisation der Volkswehr. Wie läßt sich hier läugnen, daß das Volk bewaffnet werden sollte, um die Central-Gewalt gewaltsam zu stürzen und die Regierungen zur Annahme der Verfassung zu zwingen? Wie könnte ich dies wohl anders beweisen, als dadurch, daß ich die eigenen Worte derjenigen Männer anführe, die jenen Beschluß hervorriefen und deren Worte also auch die Absicht derer, die für jenen Beschluß stimmten, ausdrückten? So sprach Ludwig Simon: „„Wir erwarten von Anderen, welche der Reichs-Verfassung feierlich Gut und Blut geweiht haben, daß sie im entscheidenden Moment ihr Wort lösen, eingedenk des Satzes; daß die Freiheit noch niemals einem Volke geschenkt worden ist; eingedenk des tiefen Sinnes der Worte Schwarz-Roth-Gold: Aus Nacht durch Kampf zur goldenen Freiheit.““ Dabei wurde dann vielfach des Kampfes der Magyaren gegen Oesterreich gedacht, und dieser Kampf als Vorbild für die deutschen Brüder aufgestellt. Und wenn nun in derselben Rede Simon sagt: „„Zwar ist es wahr, daß wir nach dem alten Rechtsgrundsatze: Niemand kann zu einer Handlung gezwungen werden, keinen deutschen Fürsten zwangsweise zum Kaiser machen und daß wir eben so wenig die einzelnen deutschen Fürsten wider ihren Willen als verfassungsgetreu der Verfassung zwangsweise einreihen können““, so war das offendar eine Redensart, die mit allem bisherigen Streben und dem Schlusse seiner Rede, so wie mit dem intendirten Beschlusse selbst im offensten Widerspruche steht, — eine Redensart, die Niemanden täuschen kann.

ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Und wie äußerte sich Vogt bereits am 4. Mai? Er will die Gewalt organisiren, um die organisirten Gewalten aus einander zu reißen. Er will die Brandfackel hineinschleudern und die Bänder zerstören, in denen die Maschine läuft.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Und Moriz Mohl: „„Wenn wir aus den verfassungsgetreuen Staaten nur ein kleines Heer haben, dann ist unsere Macht groß genug, um diese aufrührischen Regierungen über den Haufen zu werfen. Wir müssen dieses Heer zugenblicklich berufen. Dann lassen wir diesen Manteuffel und Bran-


Weiterhin ist es die Kölnische Zeitung vom 13.1.1850. Es folgt nun weiterhin der Text von Seite 2 der Ausgabe. Aber nun ist es die mittlere Spalte. [X]


denburg kommen; dann wollen wir ihnen zeigen, daß wir, daß die Nation die Herren im Hause Deutschlands sind, welche diejenigen hinauswerfen, die Empörung gegen das Haus machen.““ — Zu diesen Aeußerungen, welche die tiefste Einsicht in den Plan, den die Hundert in Stuttgart mit ihrem Beschlusse verfolgten, gestatten, habe ich keine Erläuterungen zu geben. Sie sprechen zu deutlich und klar, und liefern den vollsten Beweis für die Anklage, daß jenes Complott auf Umwälzung der preußischen und der Bundes-Verfassung und auf Bewaffnung der Bürger gegen die Regierungen zum Zwecke der Durchführung einer nicht anerkannten Verfassung gerichtet war. Ich glaube, daß hiernach die Strafbarkeit der dem Angeklagten zur Last gelegten Theilnahme an jenem Beschlusse in objectiver und subjectiver Beziehung unzweifelhaft ist. Es kann sich nur noch fragen, ob hier Gründe vorliegen, welche den Richter zwingen, den Angeklagten straflos ausgehen zu lassen.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Dieselben sollen in dem auch in Preußen publicirten Gesetze vom 30. Sept. 1848, und zwar in §. 4 desselben, gefunden werden. Derselbe lautet: „„Kein Abgeordneter darf zu irgend einer Zeit wegen seiner Abstimmungen in der Reichs-Versammlung oder wegen seiner bei Ausübung seines Berufes gethanen Aeußerungen gerichtlich verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden.““ Wie Ihnen bereits bekannt ist, hat der Anklagesenat des Rheinischen Appellations-Gerichtshofes in seinem Urtheile vom 21. August 1849 allerdings diesen Grund als durchschlagend erachtet, weil, wie es darin heißt, die Auflösung der Versammlung bis zum 6. Juni nicht erfolgt, sie auch ihre Permanenz durch die formel nicht ungültigen Beschlüsse vom 1. und 25. Mai ausgesprochen habe, auch die Verlegung nach jedem anderen Orte vorgesehen sei. Der Cassationshof hat diese Gründe reprobirt, und zwar zunächst deßhalb, weil die in Stuttgart Versammelten nur als Privatpersonen anzusehen seien, das Gesetz aber nur auf die Reichs-Versammlung anwendbar sei, so lange sie in Frankfurt tage.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Meine Herren! die Anwendung dieses Gesetzes unterstellt zunächst, daß derjenige, der sich darauf beruft, Abgeordneter zur National-Versammlung war und daß er in dieser Eigenschaft in der National-Versammlung gestimmt habe. Dieses schließt zugleich die weitere Unterstellung in sich, daß die National-Versammlung zu der Zeit, wo die Handlungen vorgefallen, die durch jenes Gesetz straflos erscheinen sollen, selbst noch als solche existirt habe. Es läßt sich nun ein Aufhören dieser Existenz auf mehrfache Weise denken; nämlich: 1) dadurch, daß die Versammlung sich selbst förmlich für aufgelöst erklärt; 2) dadurch, daß ihre Mitgliederzahl so sehr herabsinkt, daß sie factisch und rechtlich nicht mehr als Volksvertretung erscheinen kann; 3) dadurch, daß sie der That nach, sei es durch Uebertreten in ein anderes Rechtsgebiet, sei es auf andere Weise, ihren bisherigen Charakter aufgibt und eine davon verschiedene rechtliche Stellung einnimmt; mit anderen Worten: indem sie sich durch Beschlüsse und Handlungen in eine Versammlung anderer Art umwandelt. Mit dem Eintreten eines dieser Fälle hört auch die Qualität des Abgeordneten auf, und von dem Augenblicke an verzichtet er auch auf den Schutz, der gerade dieser seiner Qualität gewährt war.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Eine formelle Auflösung der Versammlung durch eigenen Beschluß ist nun allerdings nicht erfolgt. Wohl aber hat die preußische Regierung durch ihre Verordnung vom 14. Mai 1849 das Mandat der preußischen Abgeordneten für erloschen erklärt und diese zurückberufen. Einige andere Regierungen sind diesem Beispiele gefolgt. Auf die Gründe der Rückberufung kommt es hier nicht weiter an; sie waren an sich durch die dringendste Nothwendigkeit geboten und sind zum Theil schon in dem enthalten, was ich über die letzten Tage der Versammlung in Frankfurt vorzutragen die Ehre hatte. Es fragt sich nun: Hatte diese Verordnung die Wirkung, die sie ihren Worten nach bezweckte? Die National-Versammlung selbst erklärte jene Verordnung für wirkungslos. Ich selbst, meine Herren, will mich alles Urtheils darüber enthalten und es Ihnen lediglich anheimgeben, welche Kraft Sie derselben beimessen.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Der zweite von mir beregte Fall der Auflösung dürfte aber eher vorliegen. Durch die Bundestags-Beschlüsse vom 4. April 1848 war die Zahl der Abgeordneten auf 1 zu 50,000 Seelen für Deutschland bestimmt, und es gehörten daher zur Vollzähligkeit der Versammlung weit über 600 Mitglieder. Es liegt nun in der Natur des Repräsentations-Systems, daß, wenn eine Repräsentation bestehen soll, auch Vertreter da sind, und zwar in solcher Anzahl, daß ein vernünftiger Mensch annehmen kann, daß dadurch der Wille der Mehrzahl des Volkes sich kund gebe. Es muß daher auch eine Gränze geben, bis zu welcher Zahl die Vertretung nicht zusammenschmelzen darf, weil sonst die Vertretung selbst aufhört, eine solche zu sein. Sonst kommt man zu dem Resultate, daß die National-Versammlung, und wenn auch alle bis auf ein Mitglied ausgetreten wären, noch immer existire und fortdauere. Bei der Geschäfts-Ordnung hat dieses der Versammlung auch wohl vorgeschwebt, wenngleich sie es nicht förmlich ausgesprochen. Es heißt nämlich im §. 4: „„Sobald die Zahl der anerkannten Mitglieder 350 erreicht, hat der Vorsitzende die National-Versammlung zu einer Sitzung einzuladen 2e.“““, und im §. 18 wird sodann gesagt: „„Die Versammlung ist beschlußfähig, wenn 200 Mitglieder anwesend sind.““


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Die Versammlung sollte daher erst existent werden, wenn 350 anerkannte Mitglieder existirten, wenn also mehr als die Hälfte des deutschen Volkes vertreten war. Von dieser Zahl konnten 200 im Sitzungssaale Anwesende wieder beschließen, indem man annimmt, daß die Abwesenden den Anwesenden ein stillschweigendes Mandat ertheilt haben, wodurch dann immerhin im Wege der Substitution die größere Hälfte des Volkes ihre Vertretung findet.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Hätte man dieses nicht berücksichtigt, was auch in der Natur der Sache lag, man hätte die Bestimmung über die 350 weglassen und einfach mit jenen 200 beginnen können. Dadurch, daß man es nicht that, fühlte man die Nothwendigkeit, immer die Mehrheit des Volkes zu vertreten.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Wenn nun aber die Mehrheit der Abgeordneten ausscheidet und wenn die dann unvertretene Mehrheit des Volkes keine neuen Abgeordneten oder deren Stellvertreter hinsendet, so läßt sich daraus nicht folgern, daß nun das Volk stillschweigend sich jener Minorität unterworfen, sondern man muß daraus im Gegentheile folgern, daß es durch das Nichtschicken neuer Abgeordneten seinen Willen kund gegeben hat, die Vertretung aufhören zu lassen, und daß, so lange die Beschlüsse der Minderheit von der Majorität des Volkes nicht förmlich anerkannt worden, diese ungültig und rechtlich unverbindlich sind.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Es war aber, als in Frankfurt am 28. Mai der Beschluß gefaßt wurde, die beschlußfähige Anzahl von 150 auf 100 herabzusetzen, die Versammlung schon so herabgeschmolzen, daß die Zahl der Vertreter nicht mehr 300 erreichte, und die Zahl derer, die zu jenem Beschlusse mitwirkten, nur etwas über 150 beträgt. In Stuttgart endlich waren nur noch 105 Personen anwesend und 250 als abwesend aufgeführt. Diese konnten aber in Wahrheit nicht als die Volksvertretung Deutschlands angesehen werden, selbst abgesehen davon, daß sie nur eine in unendlicher Minderzahl sich befindende politische Richtung vertraten. Ihre Beschlüsse waren daher formel ungültig. Materiel ungültig erscheint der Beschluß, weil jedenfalls der National-Versammlung, auch wenn sie vollzählig gewesen, die Befugniß nicht beiwohnte, sich einseitig zu verlegen, und weil sie, indem sie es dennoch that, ihren Charakter als National-Versammlung verlor und sich in eine Privat-Gesellschaft verwandelte. Durch den Beschluß der Bundes-Versammlung vom 30. März, so wie durch das preußische Wahlgesetz vom 11. April 1848 war die National-Versammlung nach Frankfurt berufen.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Frankfurt war der Sitz der Bundes-Versammlung, und diese, als das Organ der gesammten Regierungen Deutschlands, mußte nothwendig in der allernächsten Verbindung mit der National-Versammlung stehen. Die National-Versammlung trat auch dort zusammen, und als nun an die Stelle der Bundes-Gewalt die provisorische Central-Gewalt getreten war, so wurden die wechselseitigen Beziehungen zwischen Beiden so enge, daß ein Residiren an verschiedenen Orten als etwas mit der Existenz der Einen oder Anderen Unvereinbares erscheinen mußte. Die Central-Gewalt war mit Ministern umgeben, welche der National-Versammlung verantwortlich waren, welche in ihr zu erscheinen befugt und verpflichtet, welche in einem steten ununterbrochenen Geschäfts-Verkehr mit derselben stehen mußten. Nicht minder waren die Bevollmächtigten der verschiedenen Regierungen bei der Central-Gewalt accreditirt. Es war ein Geschäfts-Verkehr zwischen Beiden, wenn sie an verschiedenen Orten resioirt (...ioirt, Sic! So lese ich, K. J.) hätten, eine Unmöglichkeit; somit lag es in der Natur der Sache, daß die Residenz derselben eine und dieselbe sein mußte. Die Central-Gewalt hatte aber Rechte und Befugnisse, die ihr zum Theil von der National-Versammlung, zum Theil von den Regierungen Deutschlands übertragen waren. Sie war durch das gemeinschaftliche Einverständniß Beider entstanden, und es stand daher weder den Regierungen noch der National-Versammlung zu, dieselbe einseitig nach einem anderen Orte zu verlegen; dennoch forderte die National-Versammlung den Reichsverweser auf, ihr nach Stuttgart zu folgen.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Er weigerte sich und protestirte dagegen — und er war in seinem Rechte, weil die Regierungen, deren Organ er ebenfalls war, nicht seine Entfernung aus Frankfurt wollten. Sobald er sich aber weigerte, durfte die National-Versammlung sich nicht von ihm trennen, weil sie eben dadurch die Central-Gewalt der Möglichkeit des Verkehrs mit ihr beraubte und diesen vielmehr aufhob. Wenn die National-Versammlung dennoch dieses beschloß und es ausführte, so gab sie dadurch zu erkennen, daß sie nicht mehr die Stellung zur Central-Gewalt einnehmen wollte, die ihr gesetzlich zugewiesen war; daß sie vielmehr auf einen von derselben verschiedenen Standpunct sich stellen wollte; — einen Standpunct, auf dem sie aber nothwendig aufhörte, diejenige Versammlung zu sein, welche berufen war, die Vermittlerin zwischen dem deutschen Volke und den Fürsten, resp. der diese vertretenden Central-Gewalt zu sein. Der Beschluß lag da


Weiterhin ist es die Kölnische Zeitung vom 13.1.1850. Es folgt nun weiterhin der Text von Seite 2 dieser Ausgabe. Aber nun ist es die rechte Spalte. Dort ist aber nur noch ein Mini-Stück Text. [X]


her außerhalb ihrer Befugniß, und diejenigen Mitglieder, welche ihn ausführten, hörten hier auf, diejenigen Vertreter der Nation zu sein, #### deren Schutz das Gesetz vom 30. Sept. 1848 erlassen war. ##### diesem Grunde kann der Angeklagte Bermbach dieses Gesetz nicht für sich ##### [ES FEHLEN ZEICHEN, WEIL DORT DER MITTEL-TEIL DER ZEITUNG IST. AM BUND. DURCH DAS SPÄTERE BINDEN DER ZEITUNG IST DAS LESEN DORT BEHINDERT. K.J.]


(Fortsetzung folgt.)



Weiterhin ist es die Kölnische Zeitung vom 13.1.1850. Es folgt nun aber der Text von Seite 9 der Ausgabe. Er steht/beginnt aber sofort schon rechts auf der Spalte der Seite. [X]

Assisen-Procedur gegen den Abgeordneten zur deutschen National-Versammlung Adolph Bermbach. (Fortsetzung und Schluß.)

— S. Nr. 9, 10, 11 u. 12 d. Bl.

ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Wenn dagegen eingewendet wird“ — fährt der Staats-Procurator fort —, „daß die National-Versammlung doch gewiß das geringste Maß Freiheit, welche jeder Bürger für sich in Anspruch nehme, nämlich sich beliebigen Wohnsitz zu wählen, beanspruchen dürfe, so ist dieser Vergleich durchaus unhaltbar. Die National-Versammlung war eine organisirte Staats-Gewalt, der keine willkürliche Allmacht beiwohnte, sondern die zu anderen Staats-Gewalten in einer solchen Beziehung stand, dass sie sich gegenseitig bedingten und beschränkten. Ich werde dieses sogleich noch näher ausführen.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Aus jenen gegenseitigen Beschränkungen habe ich meine Folgerungen gezogen, also aus Prämissen, von denen bei dem einfachen Bürger keine Rede ist. Eben so wenig wird hierin durch den am 30. April gefaßten Beschluss wodurch der Präsident ermächtigt wurde, die National-Versammlung jedem beliebigen Orte zusammen zu berufen, geändert; denn auch die Gültigkeit dieses Beschlusses unterliegt derselben Kritik, wie der vom 30. Mai. Ueberdies war gerade der Präsident der National-Versammlung, Reb, dagegen, der auf das entschiedenste sofort, als der Beschluß vom 30. Mai gefaßt war, denselben tadelte und darauf sein Amt und Mandat niederlegte. Aber, meine Herren, die Versammlung in Stuttgart hatte auch noch in anderer Beziehung den gesetzlichen Boden verlassen; sie hatte einen revolutionären Standpunct eingenommen und hatte auch um deßwillen aufgehört, National-Versammlung zu sein und den Schutz, den diese genoß, für ##### anrufen zu dürfen.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Meine Herren! Die National-Versammlung war ##### allmächtig; nicht allmächtig, daß sie über alle staatlichen Einrichtung ##### Deutschland der Art erhaben gewesen, daß sie nach Willkür über die Fürsten und Völkerstämme, über Zeit und Leben der Einzelnen hätte schalten und walten können. Oft genug zwar haben Männer von der Linken mit B####fung auf die Volks-Souverainetät eine Machtvollkommenheit für die Versammlung in Anspruch genommen, die sie über alle Throne erheben sollte. Aber sie selbst hat nie diese Anmaßung gebilligt; sie selbst hat sich nie auf einen Standpunct gestellt, der an sich nur ein Absolutismus von 600 Tyrannen gewesen wäre. Die Versammlung war nichts Anderes, als eine Gewalt im Staate, coordinirt, beschränkt durch andere Gewalten und wiederum diese beschränkend. Es kommt nun darauf an, die Gränzen ihrer Gewalt zu bestimmen, indem innerhalb dieser Gränzen sie in ihrer Rechtssphäre sich bewegte, sobald sie aber außerhalb derselben in andere Ge#### eingriff und diese verletzte, sie sich für diese Verletzung, bei welcher sie ihre Qualität verlor, auch die gesetzliche Repression muß gefallen lassen.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR ##### hörte ihre Unverantwortlichkeit auf; — eine Unverantwortlichkeit, die jedenfalls, wenn sie von den den Männern der Linken angerufen wird, ein ##### Widerspruch mit ihren eigenen, oft verkündeten Gegensätzen ist. ##### es sich darum handelte, eine Central-Gewalt zu schaffen,  — als ein Mann #####wählt werden sollte, der von 600 verantwortlichen Männern als der Würdigste und Zuverlässigste bezeichnet werden sollte, da wollten ihn ##### Männer nicht mit Unverantwortlichkeit bekleiden; damals äußerte Sim##### (Simon?, K. J.) „Geschichtlich ist Jeder verantwortlich; auch die Majestät. Ich erinnere Sie an Ludwig XVI., Karl I. In der Geschichte gibt es keine Unverantwortlichkeit. In dieser Unverantwortlichkeit steckt der Begriff der Maj#####. Nur die Majestät von Gottes Gnaden ist unverantwortlich.“ Ruge äußerte: „„Unverantwortliche Mandatare gibt es überhaupt weder in der Geschichte, noch bei freien Völkern. Wer unverantwortlich ist, ist vorweg #### der menschlichen Gesellschaft ausgeschlossen, indem er des größten R#### entbehrt, sich für seine Handlungen zu verantworten.“

ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Fern sei es von mir, diese extremen Ansichten zu theilen. Ich führe ##### aber als Ansichten der Partei an, die gerade für sich die Unverantwortlichkeit am weitesten in Anspruch nimmt. Ich bin der Ansicht, daß eine Unverantwortlichkeit so lange besteht, als derjenige, für den sie gegeben, #####nerhalb der Gränzen des Berufes sich bewegt, den ihm das Gesetz angewiesen hat. Nehmen Sie einen Richter, nehmen Sie Sich selbst, m. H.! ##### sind nur Gott und Ihrem Gewissen über Ihre Abstimmung Rechenschaft schuldig; aber gewiß nur so lange, als Sie wirklich nur als Richter handeln. Wenn Sie aber, anstatt über die Schuld oder Nichtschuld eines Angeklagten abzustimmen und Ihr Urtheil abzugeben, Sich gleichzeitig über das Ver##### aussprächen, dabei, sei es den Angeklagten, sei es die Vertheidigung, sei es auch die Staats-Behörde, oder das Gericht mit herbem Tadel bedecken #####ten? Oder wenn Sie irgend einen anderen Beschluss faßten, der in die #####tribute anderer Behörden fiele, wenn Sie den Gerichtshof selbst ver#####ten? Würden Sie hier denn nicht verantwortlich sein? Das sind nur #####spiele, die aber zeigen, wie die Unverantwortlichkeit, wenn sie für Gewal#####  und die im Staate und nicht über demselben stehen, ohne Gränzen hingeb##### würde, zum Absurden führte. Wir müssen also die Gränzen aufsuchen, w##### der National-Versammlung für ihre Competenz gegeben waren.


Das ##### Parlament, eine freigebildete Versammlung, hatte den Anstoß zur Ber##### der Reichs-Versammlung gegeben. Dieser Anstoß war allerdings ein #####cher, der damals keinen gesetzlichen Boden unter sich hatte, der aber ##### die drängende Gewalt der Umstände, durch den Sturm der Revolution ##### über einen großen Theil Europa’s hereinbrach, seine Sanction fand. Das Vor-Parlament lenkte aber selbst in eine gesetzliche Bahn ein, indem es nicht dazu überging, die National-Versammlung selbst zu berufen, sondern nur die gesetzlich und verfassungsmäßig bestehenden Staats-Gewalten d#### veranlaßte. So war es denn die Bundes-Versammlung, die durch ihre Beschlüsse vom 30. März und 7. April die Wahlen anordnete. Und es waren die einzelnen Regierungen, namentlich die preußische durch ihre Verordnun##### vom 11. April, welche die Wahlen im Gefolge jener Beschlüsse ausschr#####ben. Die Wahlen fanden Statt, und die Gewählten, welche diese Wahlen annahmen, erhielten dadurch kein anderes Mandat als dajenige, welches ihnen durch jene Verordnungen zugewiesen war. Genügte ihnen dieses nicht, so konnten sie ablehnen. Ihre Annahme involvierte zugleich die Anerkennung jener Beschlüsse und die Billigung ihres Inhalts.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Der Beschluß vom 30. März lautet also: „„Beschließt die Bundesversammlung, die Bundes-Regierungen aufzufordern ...., Wahlen von National-Vertretern anzuordnen, welche am Sitze der Bundes-Verersammlung zusammen zu treten haben, um zwischen den Regierungen und dem Volk das deutsche Verfassungswerk zu Stande zu bringen.““ Aus den Motiven dieses Beschlusses ergibt sich deutlich die Stellung, welche die Nationalversammlung einnehmen sollte. Die Bundesversammlung beabsichtigte ####lich, einen Verfassungs-Entwurf vorzulegen,  und dieser sollte durch die ##### Zustimmung des Volkes, im Gegensatz zu seiner von der Regierung einseitig octroyirten Verfassung, zur Geltung gelangen. Die Zustimmung des Volkes sollte sich äußern durch sein Organ, und dieses sollten wiederum die vom Volk gewählten  Vertreter sein. Hieraus folgt dass die den let#### zugewiesene  Stellung die einer Vermittelung zwischen dem Volke und


Weiterhin ist es die Kölnische Zeitung vom 13.1.1850. Es folgt nun der Text von Seite 10 der ZWEITEN Ausgabe des Tages. Beginn ist auf der linken Spalte. Ganz oben, ganz links. [X]


Regierungen war, und daß von diesen beiden keiner von der Mitwirkung bei dem Verfassungswerke ausgeschlossen bleiben sollte. Es liegt auch auf der Hand, daß, wenn Jemand einem Anderen die freie Zustimmung zu einem Vertrage einräumt — und hier fand zunächst nur ein Concediren von Seiten der Regierungen Statt —, hierin keineswegs ein Aufgeben der eigenen Zustimmung gefunden werden kann. Wenn nun auch in dem Beschlusse vom 7. April die Versammlung eine „constituirende“ genannt wird, so ergibt sich doch hinlänglich aus demselben, daß hiermit nur der Gegensatz zu der künftigen Volksvertretung gemeint war, indem jene erste Versammlung sich nur mit der Abfassung der Constitution zu beschäftigen hatte. Diese Auslegung entspricht gewiß vollkommen dem Ausdrucke:
„zwischen zwei Personen etwas zu Stande bringen.““ Es heißt dies nichts Anderes, als eine Einigung zwischen zwei Personen ermitteln, keineswegs aber, endgültig festsetzen; und in so weit ist es auch ganz unrichtig, der Versammlung den Charakter von Schiedsrichtern beizulegen. Hat doch nicht einmal die constituirende Versammlung in der ersten französischen Revolution dieses Princip aufgestellt. Sie legte die von ihr berathene Verfassung dem Könige zur freien Annahme vor. Sie entließ ihn, damit er ganz frei sein könne, seiner Haft.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Sie erkannte somit das Princip, daß ihre Beschlüsse allein die Verfassung  zum Gesetze erhöben, an. — Auch haben die größeren Regierungen Deutschlands immerfort ihr Recht zur Beistimmung gewahrt, und wenn meinerseits dies hier behauptet war, so steht dies allerdings im Widerspruche zu dem Beschlusse, den die National-Versammlung selbst darüber gefaßt hat, — aber in der National-Versammlung selbst stehen mir gar wichtige Stimmen zur Seite, und wenn ich mich auf die einfachen Erklärungen der Regierungen berufe, so sind sie gewiß nicht so gewichtlos, daß sie dem nackten Ausspruche der National-Versammlung gegenüber aus der Wagschale des Rechtes verschwinden. Mag man auch über den Umfang dieser Befugniß denken, wie man will, sie war immer nur eine gesetzgeberische, die der National-Versammlung verliehen war.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Sie sollte, wenn man denn das Höchste annehmen will, die Verfassung berathen, beschließen und zum Gesetze erheben. Aber damit hörte ihre Thätigkeit auf, und mußte auch gänzlich aufhören. Die Vollziehung des Gesetzes fiel dagegen Staatsgewalten anheim, welchen im Gegensatze zur Gesetzgebung die Regirung zustand. Es beruht die Theilung der Gewalten, und somit ihre gegenseitige Beschränkung, auf dem Wesen des constitutionel-monarchischen Systems. Und dieses war es doch, was die Versammlung selbst erstrebt und gewollt hatte. Deßhalb hat sie auch seit ihrem ersten Entstehen sich immer dagegen gesträubt, irgend Beschlüsse zu fassen, welche in die Executive der einzelnen Regierungen oder der Central-Gewalt eingriffen. Vielfach zwar hatte schon früher die Linke es versucht, die Versammlung auf die Bahn zu bringen, auf der sie endlich in Stuttgart anlangte, nämlich auf die des Convents. Aber immer hat die Versammlung widerstanden: Immer erklärte die überwiegende Mehrheit, daß der erste Schritt, den die Versammlung auf diese Bahn wage, der Schritt zu einer neuen Revolution sei, der sie selbst außerhalb des Gesetzes bringe und nothwendig zur Republik führen müsse.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Schon in den ersten Tagen des Zusammentrittes in Frankfurt war dies zur Sprache gekommen. Aus Veranlassung des Conflictes in Mainz zwischen Bürgern und Militär hatte der Abg. Zitz einen Antrag dahin genommen, der den Zweck hatte, die Versammlung direct in die Anordnungen der Militär- und Civil-Behörden, resp. der betreffenden Regierungen, sich einmischen zu lassen, diese Anordnungen aufzuheben und andere selbst dafür zu treffen. Die National-Versammlung ging über diesen Antrag zur Tagesordnung über, weil sie sich keine Regierungs-Gewalt beilegen wollte. Bei der Errichtung der provisorischen Central-Gewalt erneuerte sich dieselbe Frage, und sie wurde mit aller Erbitterung zwischen der Rechten und der Linken durchgekämpft.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Die Linke stellte ein System auf, wonach vermöge des Grundsatzes der Volks-Souverainetät die National-Versammlung die erste und alleinige Quelle der Executiv-Gewalt sei. Es sollte dann eine Vollziehungs-Gewalt von der National-Versammlung allein ernannt werden, aus ihrem Schooße entspringen, ihre Beschlüsse vollziehen und ihr verantwortlich sein Die National-Versammlung verwarf diese Anträge, und ihre Redner sprachen sich zur Genüge dahin aus, daß die National-Versammlung zur Regierung keinen Beruf habe. Der Kern dieses Systems lag darin, daß gerade durch die Verantwortlichkeit des zu wählenden Vollziehungs-Ausschusses nicht dieser regierte, sondern daß die ganze Regierungs-Gewalt der National-Versammlung selbst übertragen würde. Diese regierte dann, und der Ausschuß war nichts als ein Complex von Beamten, wie sich Bassermann ausdrückte, zur Vollziehung der Anordnungen von 600 Regierenden; dadurch wären de facto alle Regierungen Deutschlands beseitigt, sie würden zu willenlosen Dienern einer zahlreichen regierenden Versammlung gemacht worden sein, und damit wäre auch die Republik in Deutschland eingeführt gewesen.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Hierzu hatte die Versammlung aber kein Mandat erhalten. Dieses sprachen alle Redner, welche sich jenem Antrage damals widersetzten, mehr oder minder offen aus, und daher wurde auch jenes System von der National-Versammlung mit großer Majorität verworfen. Sie wollte nicht regieren, weil sie sich bewußt war, daß sie dann den Boden des Rechts verlassen und, statt die Revolution zu schließen, aufs Neue den Schlund derselben öffnen würde. Denn es konnte nicht fehlen, daß die Regierungen einen Kampf auf Leben und Tod gegen diese angemaßte Gewalt führen würden und müßten. Dennoch betrat die National-Versammlung am 4. Mai, als sie nach Ablehnung der Kaiserwürde durch den König von Preußen selbstständig die Wahlen für den nächsten Reichstag ausschrieb — ein Recht, das nach der Verfassung selbst nur dem künftigen Regenten zustand —, diese Bahn wieder. Sie fing an zu regieren; sie fing an, ihre Beschlüsse selbst zu vollziehen. Dieser Schritt aber öffnete den meisten Abgeordneten die Augen über die gefährliche und abschüssige Bahn, die sie betraten. Es erfolgten Austritts-Erklärungen eine auf die andere, und in den meisten wurde es klar ausgesprochen, daß die Versammlung sich auf revolutionären Boden begeben hatte. Ungeachtet so nahe an 400 Mitglieder durch ihr Austreten auch ihre Ansicht über die Incompetenz der National-Versammlung zu Regierungs-Handlungen bekundet hatten, so nahm dennoch die Versammlung in Stuttgart gerade dasselbe System, welches bei Errichtung der provisorischen Central-Gewalt schon einmal verworfen war, wieder auf.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Wir finden in der Wahl der fünf der Versammlung verantwortlichen Regenten, welche die Verfassung durchführen sollten, nichts anderes, als die Absicht der Versammlung, selbst zu regieren. Durch diese klar ausgesprochene Absicht gab sie aber den Charakter einer gesetzgebenden Versammlung, der einzig und allein ihrem Mandate entsprach, auf; sie verwandelte sich in einen Convent, in eine revolutionirende, selbstgeschaffene, angemaßte Regierungs-Gewalt. Sie greift über in die Rechte, welche einzig und allein den Regierungen Deutschlands, der Central-Gewalt und dem künftigen Reichs-Oberhaupte zustanden. Und diesen Eingriff waren die Regierungen berechtigt und verpflichtet, mit allen Mitteln zurückzuweisen. Für solche Eingriffe, wie sie die Versammlung wagte, hörte aber die Unverantwortlichkeit auf; denn es läßt sich doch nicht denken, daß die Regierungen, welche jenes Gesetz zum Schutze der Abgeordneten in ihren Staaten einführten, darunter auch den Fall sich mit einbegriffen gedacht, wo die Versammlung nach dem Leben, nach der Existenz der Regierung selbst trachten würde. Das wäre doch der Aufopferung zu viel, und so geschwächt ist keine Regierung gewesen, daß sie im Voraus dem künftigen Usurpator Straflosigkeit zugesichert hätte. Dann würde auch die Versammlung straflos gewesen sein, wenn sie die Hinrichtung des Königs von Preußen beschlossen, oder wenn sie beschlossen hätte, Meuchelmörder zu dingen, um ihn ums Leben zu bringen; denn strafrechtlich steht die Zerstörung des Staates der Vernichtung des Staats-Oberhauptes gleich.


ZITAT ANKLAGE STAATS-PROCURATOR Sie werden nunmehr die Vertheidigung des Angeklagten hören demnächst das„Schuldig““ oder „Nichtschuldig““ über denselben aussprechen. Ich glaube nicht, daß der Angeklagte sich darüber beschweren kann, daß er sich vor seinem ordentlichen Richter über seine Handlungen verantworten muß. Denn derjenige, der an die Gewalt von Millionen appellirt hat, derjenige, der das Wohl und Wehe von Tausenden, das Wohl und Wehe eines ganzen Volkes auf das Spiel zu setzen gewagt; derjenige, der es gewagt hat, sich über alle Regierungen zu erheben: der fürwahr darf sich nicht wundern, noch weniger beklagen, wenn er von diesen Regierungen gezwungen worden, sich vor seinem ordentlichen Richter zu verantworten. Ich trage dahin an, daß Sie das „Schuldig““ über den Angeklagten aussprechen. ENDE ZITAT ANKLAGE


Nach diesem Vortrage wurde die Sitzung bis auf 4 Uhr Nachmittags ausgesetzt. Um 4½ Uhr wurde dieselbe wieder eröffnet, und der Angeklagte Bermbach nahm das Wort:


Meine Herren Geschwornen!


ZITAT REDE BERMBACH In Zeiten politischer Kämpfe muß die jedesmal unterliegende Partei, darauf gefaßt sein, sich den Anfeindungen und Verfolgungen der siegreichen ausgesetzt zu sehen. Die Anklage konnte mich daher an und für sich nicht überraschen, obgleich man von der Staatsklugheit der Regierung hätte erwarten dürfen, daß sie sich aus den unter der constitutionellen Regierung in Frankreich gemachten Erfahrungen die Lehre gezogen hätte, daß nichts nachtheiliger auf das sittliche Gefühl der Nation einwirken kann, als offenbar ungerechte, nur vom Gefühle des Parteihasses dictirte Verfolgungen. Eines hat mich aber mit Verwunderung und Bedauern erfüllt: es ist der Umstand, daß die Staats-Anwaltschaft eines constitutionellen Staates die Grundlage des Constitutionalismus, das Recht der Volks-Repräsentation, so sehr mißachtet, daß sie nicht beanstandet, das Verhalten eines Abgeordneten in Ausübung seines Mandates zur Unterstützung einer Criminalklage zu benutzen. Ich muß mich gegen dieses Verfahren aufs entschiedenste verwahren. Ueber meine parlamentarische Thätigkeit steht keinem Tribunal  der Erde ein Urtheil zu. Nur mein eigenes Inneres  kann mich richten. Ich werde mich nicht dazu herlassen, auf die gehässigen Be-


Weiterhin ist es die Kölnische Zeitung vom 13.1.1850, ZWEITE AUSGABE des Tages. Es folgt nun immer noch der Text von Seite 10 der Ausgabe. Aber nun sind wir in der mittleren Spalte. Ganz oben. [X]


merkungen und die frivolen Witze des öffentlichen Ministerium über jene Versammlung, von der ich Mitglied war, zu antworten. Es gibt eine Richterin menschlicher Bestrebungen, welche mit gerechtem Maße mißt; ihr will ich das Urtheil überlassen. Daß aber das öffentliche Ministerium, welches hier die Regierung vertritt, es wagen konnte, die blutgetränkten Blätter der Geschichte der badischen Bewegung in dieses Verfahren hineinzuziehen, daß es wagen konnte, uns das Unglück jenes Landes in die Schuhe zu schieben, das ist ein Benehmen, wofür einen bezeichnenden Ausdruck ich nicht zu finden weiß, das heißt den Thatsachen, der Stimme der Presse, der Stimme jenes Volksstammes geradezu ins Gesicht schlagen. — Doch es kann nicht meine Absicht sein, den Irrgängen der Polemik des öffentlichen Ministeriums zu folgen: ich werde die Tatsache zu Ihnen sprechen lassen und es Ihrem Urtheile überlassen, zu ermessen, auf welcher Seite die Wahrheit liegt. Bevor ich auf die Anklage selbst eingehe, fühle ich mich bewogen, Ihnen in kurzen Abrissen die Ereignisse ins Gedächtniß zurückzurufen, welche dem Beschlusse, der als Grundlage der Anklage benutzt wird, vorhergingen, resp. denselben provocirten. — Es ist freilich ein trauriges Unternehmen, das Gemälde wieder aufzurollen, welches so viele dunkle und so wenige lichte Stellen zeigt; doch ich halte es für meine Pflicht, weil gerade über die letzten Zeiten des ersten deutschen Parlamentes eine noch vielfach sehr unklare Anschauung herrscht und auch die Staats-Behörde sehr oberflächlich, zum Theil ganz und gar unrichtig und von einem höchst einseitigen Standpuncte aus, immer so viel von den Ereignissen anführte, als gerade zu ihrem Zwecke paßte. Es wird nöthig sein, bis zu jener ominösen Kaiserwahl zurückzugreifen, weil von da jene unglückselige Periode beginnt, welche den allmählichen, aber consequenten Fortschritt und endlichen Sieg der Reaction bezeichnet und das deutsche Volk auf die Stufe der Schmach und Erniedrigung zurückführte, auf der es sich gegenwärtig befindet.


ZITAT REDE BERMBACH Ihnen allen wird noch jener Tag im Gedächtniß sein, wo die Wahl Friedrich Wilhelm’s von Preußen zum Kaiser von Deutschland erfolgte. Es war der 28. März v. J., die zweite Lesung der Verfassung war beendet. Deutschland — so hofften wir — hatte eine Verfassung, die es einig und frei nach innen, stark und mächtig nach außen zu machen, in jeder Beziehung geeignet war, die die Völker derselben Sprache und Gesittung, die Abkommen desselben Stammes alle wieder unter ein Banner versammeln, welche dem deutschen Namen, der so lange ein Spott und Hohn der Nachbarn gewesen, wieder Achtung und Geltung verschaffen sollte. Niemand konnte vermuthen, daß alle angewandte Mühe vereitelt, daß das erstrebte Ziel wieder von Neuem in unabsehbare Ferne hinausgerückt werden sollte. Aber die Nachricht vom Empfange der Kaiser-Deputation und der Antwort des Königs zerstörte bald alle Illusionen. Das Erstaunen war groß: verwandelte sich aber in Entrüstung, als der Wortlaut der Circular-Note vom 3. April bekannt wurde.


ZITAT REDE BERMBACH In dieser Note tauchte, gleich einem Gespenste aus alter Zeit, die so entschieden von der Hand gewiesene Vereinbarungs-Theorie wieder auf. Aber nicht dies allein, es war darin zugleich eine indirecte Aufforderung an die Regierungen enthalten, die Verfassung nicht anzuerkennen, indem deren Gültigkeit und Rechtsbeständigkeit mit dürren Worten lediglich von der freien Zustimmung der Regierungen und Fürsten abhängig gemacht und so mit anderen Worten der Absolutismus seinem ganzen Umfange nach wieder hergestellt wurde. Die Erbitterung hierüber war eine allgemeine. Die verschiedenen Fractionen der Versammlung vereinigten sich zu gemeinsamen Besprechungen über die zu ergreifenden Maßregeln. Das Resultat derselben liegt in dem Kierulff-Vogt’schen Antrage vor, der die Erklärung enthält, an der beschlossenen und verkündigten Reichs-Verfassung und dem Wahlgesetze unwandelbar festzuhalten. Im Schooße der Versammlung und in der Stellung der Parteien zu einander traten durch diese Ereignisse gewisse Veränderungen ein. Aus Veranlassung der Verfassungs-Fragen hatten sich drei große Parteien gebildet, deren eine das Erbkaiserthum, die zweite das Directorium und die dritte eine freiheitliche Spitze erstrebte. Diese Parteistellung erlitt nun eine theilweise Umgestaltung, indem die vereinigte Linke in ihrer großen Mehrzahl Behufs gemeinsamer Maßregeln zur Durchführung der Verfassung  mit der erbkaiserlichen Partei in Verbindung trat, getreu ihrem Princip, den Grundsatz der Volks-Souverainetät, der in dem Ausspruch der Majorität seinen Ausdruck gefunden hatte, in jeder Form zur Geltung zu bringen. Demgemäß wurden auch Seitens der Linken mit seltener Resignation alle Anträge vermieden und abgeworfen, die irgendeine Abänderung der Verfassung hinsichtlich der Oberhaupts-Frage bezweckten, wie sehr die Feststellung dieser Frage in der Verfassung im Uebrigen auch ihren Ansichten und ihrem seitherigen Streben widersprechen mochte.


ZITAT REDE BERMBACH Mittlerweile erfolgte der unbedingte Beitritt zur Reichs-Verfassung von 27 Staaten, dann von Baden, von Würtemberg und Sachsen. Hannover hatte sich noch nicht erklärt, rief aber seine Stände nicht ein, weil es deren Erklärung fürchtete; und eben so verhielt es sich mit Baiern. Oesterreich lehnte den Beitritt ab und rief seine Abgeordneten zurück. Die Agitationen für die Verfassung nahmen im ganzen Lande überhand; von allen Seiten und namentlich von Seiten der constitutionellen Parteien liefen Adressen ein, bedeckt mit Tausenden von Unterschriften, welche die unbedingte Hingebung für die National-Versammlung und die Verfassung erklärten, und man kann wohl sagen, daß die Sympathie für dieselbe eine allgemeine war. Während nun so fast alle deutschen Stämme sich für die Verfassung aussprachen, ja, sogar Einzelne ihre Regierungen zu desfallsigen Erklärungen zwangen, erfolgten die Kammer-Auflösungen in Preußen, Hannover und Sachsen, erfolgte endlich unterm 28. April die definitive Ablehnung der Kaiserkrone Seitens des Königs von Preußen, in Begleitung einer Note an die Regierungen, die in den Annalen der deutschen Geschichte gewiß nicht zum Ruhme Preußens aufbewahrt werden wird.


ZITAT REDE BERMBACH Unter dem Eindrucke der vielfachen Enttäuschungen der letzten Zeiten war einem Theile der immer noch zusammenhangenden erbkaiserlichen Partei das stete Temporisiren und Nichtsthun derselben denn doch auch endlich zu arg; er schied sich aus und bildete im Nürnbergerhof einen neuen Club, der sich mehr der Linken und den von dieser vorgeschlagenen Maßregeln zuneigte. So kam am 4. Maj der sogenannte Wydenbrugk’sche Antrag zu Stande, der in seinem ersten Theile die Regierungen, die gesetzgebenden Körper, die Gemeinden der Einzelstaaten, das gesammte deutsche Volk auffordert, die Verfassung des deutschen Reichs vom 28. März zur Anerkennung und Geltung zu bringen, — in seinen fernern Puncten die Ausschreibung der Wahlen, die Festsetzung des Termins zum Zusammentritte des ersten Reichstages und endlich die Bestimmung enthält, daß mit Anerkennung der Verfassung von Seiten Preußens die Würde des Reichs-Oberhauptes auf den zur Zeit regierenden König dieses Staates übergehen solle. Mit diesem Beschlusse fiel der Zeit nach fast zusammen: der Ausbruch der Bewegungen in Sachsen und der Pfalz, so wie das Ausschreiben der Versammlung der Städteverordneten der Rheinprovinz hier in Köln: Begebenheiten, die alle die Stimmung des Landes in Hinsicht auf die Verfassung bekundeten und als solche von hoher Bedeutung waren.


ZITAT REDE BERMBACH Angesichts der immer bedenklicher werdenden Lage des Vaterlandes und der augenscheinlich überhand nehmenden Reaction (dann aber auch, um den Unwillen der Versammlung über seine kleinliche, schwankende Politik zu beschwichtigen), stellte das Reichs-Ministerium endlich ein bestimmtes Programm über sein Verhalten zu den Bewegungen, die zum Zwecke der Durchführung der Reichs-Verfassung in einigen Theilen Deutschlands entstanden waren, auf. Daß dieses Programm die Schranken der Mäßigung nicht überschritt, daß es den Agitationen für die Verfassung keinen zu großen Spielraum gestattete, oder gar zum Radicalismus überbog, dafür bürgt Ihnen der Name H. von Gagern, Man beabsichtigte nur, so eben die Politik des vertrauensvollen Zuwartens zu verlassen und eine etwas entschiedenere Haltung den Stürmen der Zeit gegenüber einzunehmen.


ZITAT REDE BERMBACH Der Reichsverweser ertheilte jedoch dem Programm seine Zustimmung nicht. Das Ministerium bot seine Entlassung an und trat ab. Diese verschiedenen Ereignisse, das sonderbare Benehmen des Reichsverwesers und die aus allen Theilen des Landes erschallenden Aufforderungen zu energischem Einschreiten blieben nicht ohne Einfluß auf die National-Versammlung. Es erfolgte der Beschluß vom 10. Mai, der einestheils einen schweren Tadel über das unbefugte Einschreiten Preußens in Sachsen, anderntheils die Absicht ausspricht, die Bestrebungen des Volkes und seiner Vertreter zur Durchführung der Verfassung gegen jeden Zwang und jede Unterdrückung in Schutz zu nehmen, und mit der Aufforderung an die provisorische Central-Gewalt schließt, diesen Beschluß auszuführen. Eine Deputation von zwölf Personen wurde erwählt, um den Reichsverweser von diesem Beschlusse in Kenntniß zu setzen und anzufragen, ob er gesonnen sei, so bald wie möglich ein Ministerium zu bilden, welches sich der Ausführung der beschlossenen Maßregeln unterziehen werde. — Die Antwort des Reichsverwesers war eine unbestimmte, ausweichende: „Er habe nie gesäumt, er sei ein alter Soldat, er werde rasch handeln. Er kenne seine Pflicht gegen das Vaterland und werde Ruhe und Ordnung aufrecht erhalten. Er werde seine Pflicht thun als redlicher Mann.“ — Mit solchen Redensarten wurde die Deputation abgespeiset.

ZITAT REDE BERMBACH
Die unaufhörlichen Aufforderungen veranlaßten ferner den Beschluß vom 12. Mai, der die feierliche Verpflichtung der gesammten bewaffneten Macht Deutschlands auf die Verfassung verfügte. Aber was konnten diese und alle folgenden Beschlüsse, die auf die Zeitbedürfnisse unmittelbar sich bezogen, nützen, wo niemand war, der sie ausführte? — kein Ministerium und eine Central-Gewalt, die nichts that und nichts thun wollte, ja, der National-Versammlung geradezu feindlich sich gegenüber stellte? Die Beschlüsse waren eben nichts Weiteres als Beschlüsse, — Beschlüsse, die auf dem Papier standen und darauf stehen blieben. Ein solcher Zustand fing nachgerade an für den thatkräftigen Theil der Versammlung unerträglich zu werden. Hiezu kam noch der Ausbruch der Bewegung in Baden und hier am Rhein; die Abberufung der preußischen Abgeordneten, welcher bald die der sächsischen und


Weiterhin ist es die Kölnische Zeitung vom 13.1.1850. Es folgt nun immer noch der Text von Seite 10 der ZWEITEN Ausgabe. Aber nun: rechte Spalte. Wir beginnen ganz oben. [X]


ZITAT REDE BERMBACH hannoverischen Abgeordneten folgte; die wiederholten Aufforderungen Preußens an den Reichsverweser zur gewaltsamen Sprengung der National-Versammlung; der Hohn, der in der Ernennung des Ministeriums Graewell lag. — Die Beseitigung der provisorischen Central-Gewalt erschien als unabweisbar; sie erfolgte formel (Sic! ein ELL, K.J.) durch den Beschluß vom 19. Mai, der die sofortige Wahl eines Reichs-Statthalters anordnete, womit die Thätigkeit des Reichsverwesers aufhören sollte. Dem augenblicklichen Vollzuge dieser Maßregel stellten sich unbesiegbare Hindernisse entgegen. Das Ausreißen jener Mitglieder, die durch ihre verkehrte Politik und ihre beklagenswerthe Schwäche gegen die Regierungen die dermalige Lage der National-Versammlung herbeigeführt hatten, nahm überhand.


ZITAT REDE BERMBACH
Die Versammlung schleppte ihr Dasein nar noch eben so hin, jeden Augenblick der Gefahr ausgesetzt, ihre Thätigkeit wegen unzureichender Zahl einstellen zu müssen. Dies veranlasste den Beschluß, daß die Versammlung bei Anwesenheit von hundert Mitgliedern beschlussfähig sein solle. Aus Veranlassung der Zustände in Baden und der Pfalz zog das Reichs-Ministerium Truppen bei Frankfurt zusammen.


ZITAT REDE BERMBACH Die alte Eifersucht und der Haß, der zwischen dem Norden und Süden besteht und durch das Beenehmen der preußischen Regierung in jüngster Zeit neuen Nahrungsstoff erhalten hatte, offenbarte sich in blutigen Schlägereien zwischen den Truppen der verschiedenen Staaten; Bürger wurden erheblich verletzt, und die Brutalität ging so weit, daß ein friedlich in einem Wirthshause dasitzender Bürger von hereinstürmenden Soldaten in blinder Wuth niedergestochen und ermordet wurde. Als einzige Ursache dieser schändlichen That konnte nur angegeben werden, daß der Ermordete ein rothes Halstuch angehabt habe.


ZITAT REDE BERMBACH Zu solchen Vorgängen konnte und durfte die National-Versammlung nicht schweigen, und da das Ergebniß militärischer Untersuchungen bei solchen Veranlassungen aus der bekannten Geschichte mit dem Prinzen Friedrich von Würtemberg, der ganz auf eigene Faust ein unter den Befehlen der Central-Gewalt stehendes würtembergisches Corps aus seiner Stellung in Baden zurückberufen hatte, noch in zu gutem Angedenken stand, man auch einsah, daß alle Untersuchungen und selbst Bestrafungen keine dauernde Ruhe zwischen den feindlichen Elementen schaffen würde, so wurde beschlossen, das Reichs-Ministerium aufzufordern, die Truppen der verfassungsfeindlichen Staaten entweder sofort auf die Verfassung vereidigen zu lassen, oder aus dem Gebiete der verfassungsfreundlichen Staaten zu entfernen. — Als terminus ad quem zur Ausführung dieser Maßregel, wurde dem Ministerium der folgende Tag festgesetzt. — Die Antwort des Ministeriums war, daß diesem Beschlusse keine Folge gegeben werden könnte.



ZITAT REDE BERMBACH So war die National-Versammlung zu Frankfurt eingeklemmt zwischen Truppen, die jeden Augenblick die Bayonnette gegen sie kehren konnten; die Central-Gewalt ihr gegenüber in feindlicher Stellung, umgeben von einem Ministerium, das bei seinem ersten Auftreten mit einem großartigen, fast einstimmigen Mißtrauens-Votum empfangen worden war und der National-Versammlung nun geradezu den Gehorsam gekündigt hatte. Der letzte Schein des constitutionellen Systems, auf das man sich seither immer noch berufen hatte, war geschwunden. Wenn die Versammlung noch thatkräftig  in die Geschicke Deutschlands eingreifen, wenn sie noch irgendwie handelnd auftreten und ihren Beschlüssen geltung verschaffen wollte, so mußte sie nothwendig einen anderen Ort für ihre Thätigkeit suchen. Die Verlegung nach Stuttgart ward beschlossen, und ich hielt es für meine Pflicht, dem Rufe dahin Folge zu leisten.


ZITAT REDE BERMBACH Und so wären wir denn bei dem Zeitpuncte angekommen, auf den hinzuleiten, Zweck dieser Darstellung war. Sie kennen jetzt die Eindrücke, unter denen, und die Motive, aus welchen die verschiedenen in letzter Zeit gefaßten Beschlüsse hervorgingen, und sind so in den Stand gesetzt, von einem richtigen Gesichtspuncte aus den in der ersten Sitzung zu Stuttgart gefaßten Beschluß auf Einsetzung einer Reichs-Regentschaft zu würdigen. Erlauben Sie mir vorab über diesen Beschluß eine allgemeine Bemerkung. Wenn ein Schiff auf hoher See vom Sturme überfallen wird, so refft es seine Segel ein und befestigt seine Maste. Wenn aber die Maste nicht haltbar sind, wenn sie der leitenden Hand nicht Folge leisten, sondern wie schwankende Rohre vor dem Spiele der Winde sich beugen, so wird der erfahrene Seemann nichts schleuniger zu thun haben, um Schiff und Mannschaft aus dem Kumpfe der Elemente zu retten, als daß er die Maste kappt und einen Nothmast errichtet, der dem Willen des Lenkers sich fügt und seine Anordnungen nicht schon von vorn herein unwirksam macht. — So verhielt es sich auch mit der National-Versammlung. Sie war mit einer widerstreitenden Executiv-Gewalt ein willenloses Spiel feindlicher Gewalten. Wollte dieselbe die auf sie eindringenden Gefahren bewältigen, wollte sie das von den Stürmen der Zeit hin- und hergeschleuderte Staatsschiff dem sicheren Hafen der Einheit und Freiheit zusteuern, so mußte sie den Mast, die Central-Gewalt, der ihr den Gehorsam kündigte und ihren Beschlüssen geradezu Hohn sprach, beseitigen. Sie mußte für die Tage der Gefahr einen Nothmast aufrichten, der ihren Anordnungen sich fügte und dieselben nicht von vorn herein zu leerem Possenspiel machte. Die National-Versammlung that dies, indem sie eine Reichs-Regentschaft als Vollziehungsbehörde ihrer Beschlüsse einsetzte. Sie erfüllte dadurch eine Pflicht der Selbsterhaltung, eine Pflicht, die ihr durch das Vertrauen der Nation geboten war.


ZITAT REDE BERMBACH Der incriminirte Theil des Beschlusses vom 6. Juni lautet wörtlich: Bis zur Einsetzung des Reichs-Statthalters wird von der National-Versammlung eine Regentschaft von fünf Personen, einzeln und mit absoluter Stimmenmehrheit, auf Widerruf erwählt, welche der National-Versammlung verantwortlich ist, die Reichs-Verfassung durchzuführen, die Beschlüsse der National-Versammlung zu vollziehen und im Uebrigen die durch das Gesetz vom 28. Juni der provisorischen Central-Gewalt übertragenen Pflichten und Befugnisse auszuüben hat.““ Gestützt auf diesen Beschluß, hat man mich beschuldigt, mit Anderen ein Complott zum Zwecke des Umsturzes und Veränderung der preußischen Regierung und der deutschen Bundes-Verfassung, so wie der Bewaffnung der Bürger gegen die Regierung gemacht zu haben.


ZITAT REDE BERMBACH Es wird Ihrer Aufmerksamkeit nicht entgangen sein, daß die Anklage von der Voraussetzung ausgeht, daß die Versammlung zu Stuttgart nicht mehr zu Recht bestanden, keine rechtliche Existenz mehr gehabt habe, sondern nur als eine Versammlung von Privatpersonen anzusehen sei, der jede Befugniß zur Fassung solcher Beschlüsse gefehlt habe. Ist diese Voraussetzung falsch, so ist überhaupt keine Anklage zulässig. In den seitherigen Instanzen ist diese Annahme von einem Tribunale als unrichtig verworfen und ein freisprechendes Erkenntniß erlassen worden, von dem anderen dagegen aufrecht erhalten, Anklage erkannt und meine Verweisung vor diese Stelle ausgesprochen worden. Die Vorfrage wird auch hier nochmals in Erwägung gezogen werden müssen, da die Ansicht des Cassationshofes für die gegenwärtige Verhandlung in keiner Weise maßgebend und entscheidend ist. Die Gründe, welche man geltend macht, um die rechtliche Existenz der National-Versammlung zu bestreiten, sind folgende: 1) durch die Abberufungs-Ordre vom 14. Mai sei das Mandat der preußischen Abgeordneten erloschen; 2) die National-Versammlung habe nicht das Recht gehabt, ihren Sitz von Frankfurt wegzuverlegen; 3) durch den Austritt vieler Abgeordneten habe die National-Versammlung den erforderlichen Bestand von 350 Mitgliedern verloren.


ZITAT REDE BERMBACH I. Den ersten Einwand, „es habe die Rückberufungs-Ordre das Mandat der preußischen Abgeordneten aufgehoben““, kann ich übergehen, da selbst der General-Procurator am Cassationshofe diese Ansicht als unrichtig verworfen hat und die Staatsbehörde demnach nicht mehr darauf zurückgekommen ist.


ZITAT REDE BERMBACH II. Als zweiter Grund wird aufgestellt: „die National-Versammlung habe nicht das Recht gehabt, ihren Sitz von Frankfurt wegzuverlegen.“ Zum Beweise dieser Behauptung bedient sich die Staatsbehörde nach dem Vorgange des Cassationshofes folgender Argumente. Sie sagt: Die Bundes-Versammlung habe die National-Versammlung berufen und durch ihren Beschluß vom 30. März 1848 Frankfurt a. M. zum Sitze der Reichs-Versammlung ausersehen, weil es eine Central-Stelle zwischen Nord- und Süddeutschland war, bei seiner geringen Macht eine fast neutrale Stellung einnahm, und der Sitz der Bundes-Versammlung, mit welcher die Reichs-Versammlung in vielfache Verbindung und Verhandlung trat, ..... war.


ZITAT REDE BERMBACH Hiermit wird also behauptet, die Bundes-Versammlung habe aus freiem Willen und eigener Machtvollkommenheit eine National-Versammlung berufen, derselben die Befugniß verliehen, eine Constitution für ganz Deutschland zu schaffen, und dieser constituirende Charakter habe der National-Versammlung nur durch die Bewilligung des Bundestages innegewohnt; was mit andern Worten besagen will: der Bundestag habe freiwillig eine Macht ins Leben gerufen, welche über ihm stehen und das Recht haben solle, über seine (des Bundestages) fernere Existenz nach Belieben zu disponiren; — der Bundestag hätte also seine eigene, bald darauf ausgesprochene Auflösung gutgeheißen, mithin einen Selbstmord begangen. — Die nackte Hinstellung dieser unmittelbar aus obiger Behauptung folgenden Sätze besagt schon genug. Doch wir wollen auch das Rechtliche ins Auge fassen. Nach Art. IX. der wiener Schlußacte kann die Bundesversammlung ihre Rechte und Pflichten nur innerhalb der ihr vorgezeichneten Schranten ausüben. Diese Schranken bestimmt Art. IV. desselben Vertrags dahin, daß die Beschlüsse, die sich auf Entwickelung und Ausbildung der Bundesacte beziehen, mit dem Geiste der Bundesacte nicht im Widerspruch stehen, noch von dem Grundcharakter des Bundes abweichen dürfen. Ich glaube nun nicht, daß sich Jemand zu der Behauptung verleiten lassen wird, eine Constituante neben und über dem Bundestage sei mit dem Geiste der Bundesacte und dem Grundcharakter des Bundes vereinbar. Der Bundestag hätte also durch die Berufung der National-Versammlung aus freier Selbstbestimmung jedes Maß seiner Befugnisse überschritten, sich


(Siehe den Verfolg in der Beilage.)



Weiterhin ist es die Kölnische Zeitung vom 13.1.1850. Es folgt nun der Text der BEILAGE, also von Seite 11 der Ausgabe, aber wohlgemerkt: nun ist es die BEILAGE.
"Beilage zu Nr. 12 der Kölnischen Zeitung. Sonntag, 13. Januar 1850. 2. Ausgabe." Wir beginnen mit der linken Spalte ganz oben. [X]



ZITAT REDE BERMBACH auf einen revolutionären Boden hingestellt. — Es wird Ihnen allen der Rechtssatz bekannt sein: Niemand kann einem Andern mehr Rechte übertragen, als er selbst besitzt. Daß aber die National-Versammlung mehr Rechte hatte, als der Bundestag,  ist ebenso unzweifelhaft,  als es unerhört wäre, anzunehmen,  daß eine höher stehende Behörde von einer niedriger stehenden  Befehle anzunehmen hätte.  Und doch hat das öffentliche Ministerium  und der Cassationshof diese Behauptung aufgestellt.

ZITAT REDE BERMBACH Alle Welt weiß, daß das Vor-Parlament beschloss, es solle eine Nationalversammlung zusammentreten, mit der Befugniß einzig und allein eine Verfassung für Deutschland zu schaffen. Alle Welt weiß, dass die Machtvollkommenheit der Männer, die solches aussprachen, in der Gewalt der Verhältnisse  lag; daß die Fürsten, welche ihre Kronen gefährdet und ihre Throne am Rande eines Abgrunds  schwanken sahen, mit Freuden dieses Auskunftsmittel aufgriffen  und durch den Bundestag ausführen ließen. Die Bundesversammlung ordnete in Ausführung dieses Beschlusses des Vor-Parlaments bloß die Wahlhandlung an; da war von keiner selbstständigen Handlung des Bundestages die Rede. Wer so etwas annehmen wollte, muß fürwahr in sonderbaren Illusionen über den alten Bundestag befangen sein. Die Bundesversammlung führt bloß einen Befehl aus; das deutsche Volk, welches in den Tagen des Märzes seine Machtvollkommenheit und Souverainetät festgestellt hatte, war es, welche (Sic! welche, K. J.) das Zusammentreten eines deutschen Parlaments verlangt hatte, und das deutsche Volk übertrug dieser Versammlung die Macht und das Recht und die Befugniß, sich als höchste gesetzgebende Behörde Deutschlands zu constituiren.


ZITAT REDE BERMBACH Staatsbehörde und der Cassationshof sagen ferner: „„Nachdem die provisorische Central-Gewalt in die Rechte der Bundesversammlung getreten, habe die National-Versammlung einseitig und ohne Vereinbarung mit der, an die Stelle der Bundesversammlung getretenen und mit der Reichs-Versammlung ein Ganzes bildenden Central-Gewalt weder nach Stuttgart, noch an einen anderen Ort verlegt werden können.““ Es ist allerdings richtig, daß, nachdem der Bundestag durch das Gesetz vom 28. Juni 1848 definitiv aufgehoben worden war, dieser nicht mehr existirende Körper seine Rechte in die Hände der provisorischen Central-Gewalt niederzulegen erklärte. Es hielt damals kein Mensch diese Komödie nur der Rede werth. Wenn aber der Cassationshof und das öffentliche Ministerium wirklich meinen sollten, die Central-Gewalt habe ihre Rechte aus dieser sogenannten Uebertragung geschöpft, so ist das allerdings ein schwer zu begreifender Irrthum. Wenn man sich nur die Mühe genommen hätte, ein wenig in die stenographischen Berichte zu gucken, so würde man in der vom letzten Minister-Präsidenten Hrn. Grävell, dessen „gute Gesinnung““ doch gewiß nicht in Zweifel gezogen werden wird, am 18. Mai gehaltenen Rede folgenden Satz gefunden haben: „„Der Herr Reichsverweser kann und wird sein Amt nur in die Hände der National-Versammlung, von der es ausgegangen, zurückgeben.““ — Die rechtliche Existenz der provisorischen Central-Gewalt (und so hat dieselbe es auch immer aufgefaßt) liegt in dem Gesetze vom 28. Juni 1848 begründet, und die derselben zustehenden Rechte ebenfalls.


ZITAT REDE BERMBACH Die provisorische Central-Gewalt war keine selbstständig neben der National-Versammlung bestehende Macht; sie war eben wenig Stellvertreterin des alten Bundestages, wie aus Nr. 14 des Gesetzes vom 28. Juni: „„Die Central-Gewalt hat sich, in Beziehung auf die Vollziehungsmaßregeln, so weit es thunlich, mit den Bevollmächtigten der Landes-Regierungen ins Einvernehmen zu setzen““, hervorgeht; sondern sie war ein Geschöpf der National-Versammlung, die Vollziehungs-Behörde derselben und nach Art. 10 des Gesetzes vom 28. Juni verpflichtet, ihren Sitz am Sitze der National-Versammlung zu nehmen. Sie bildete allerdings ein ganzes mit der National-Versammlung, aber nicht in dem Sinne, daß die National-Versammlung ohne die Central-Gewalt nicht hätte existiren können, sondern in dem umgekehrten Sinne, daß die Central-Gewalt ohne die National-Versammlung fortbestehen konnte, was die preußische Regierung in ihren letzten Actenstücken ja auch bis zum Ueberdruß wiederholt hat. — Auf die Behauptung endlich: „„die National-Versammlung habe ihre Beschlüsse mit der Central-Gewalt vereinbaren müssen““, hier auch nur mit einem Worte einzugehen, würde ich für eine Beleidigung gegen Sie halten.— So viel über Gründe des Cassations-Erkenntnisses!


ZITAT REDE BERMBACH Das öffentliche Ministerium meint, das Gesetz vom 28. Juni habe auf einem Compromiß zwischen der National-Versammlung und den Fürsten beruht. Wie wenig dies der Fall ist, zeigte die National-Versammlung, als sie den Vorschlag, in das Gesetz die Worte: „vorbehaltlich des Einverständnisses mit den deutschen Regierungen““, aufzunehmen, mit 512 gegen 31 Stimmen verwarf. Zum Beweise der unzweifelhaften Berechtigung der National-Versammlung zur Verlegung ihrer Sitzungen nach jedem beliebigen Orte mögen noch folgende Bemerkungen dienen: Die Frage der Verlegung ward schon beim Beginn des Parlaments im Juni 1848 von angeregt und ernstlich erwogen, aber als nicht zeitgemäß bei Seite gelegt. Als der Ergänzungs-Antrag zu §. 14 der Geschäftsordnung: Das Präsidium ist ermächtigt, zu jeder Zeit und an jedem Orte, welche es für zweckmaßig erachtet, Sitzungen der National-Versammlung anzuberaumen““, im April v. J. zur Discussion und Abstimmung kam, ward auch keine einzige Stimme laut gegen die Befugniß der National-Versammlung zur Fassung eines solchen Beschlusses. Hr. Riesser nannte den Antrag einen unverfänglichen, und der Präsident Simson verhinderte selbst durch die Bemerkung, „„daß nach seiner Auffassung der Geschäftsordnung bis jetzt dem Präsidenten nicht das Recht zustehe, die Versammlung in einen anderen Ort zu berufen, als derjenige sei, den die National-Versammlung selbst als ihren Versammlungsort bestimmt habe““, die Beseitigung des Antrags durch eine Tagesordnung, welche in ihren Motiven wörtlich sagte: „„In Erwägung, daß die National-Versammlung zwar berufen wurde, ihre Sitzungen zu Frankfurt zu beginnen, daß sie jedoch keine Verpflichtung kennt, nur in dieser Stadt zu tagen; in Erwägung, daß im Falle eintretender unbesiegbarer Hindernisse der Präsident der National-Versammlung für befugt angesehen werden müßte, die National-Versammlung auch an einem anderen Orte als Frankfurt zu einer Sitzung zu berufen““, worin also das Recht der Verlegung als sich von selbst verstehend, als unzweifelhaft vorausgesetzt  und sogar dem Präsidenten ohne Weiteres vindiert wurde.


ZITAT REDE BERMBACH Der Beschluss wurde darauf mit großer Majorität auf allen Seiten des Hauses gefasst. Auch später, als in Ausführung dieses Beschlusses die Verlegung nach Stuttgart zur Sprache kam, war niemand, der das Recht der Versammlung hätte bestreiten wollen; nur Bedenken gegen die Zweckmäßigkeit wurden erhoben. Und es wäre doch sonderbar gewesen, wenn in einer großen Versammlung, wo eine Menge anerkannt tüchtiger Juristen und Staatsmänner saßen, die gern die Verlegung hintertrieben hätten, keiner gewesen wäre, der diesen Grund aufgefunden und geltend gemacht hätte. Kein Regierungs-Act führt denselben auf. Hr. v. Radowitz, der bekanntlich eine ziemlich hervorragende Stelle in der neueren Geschichte der preußischen Politik spielt, erkannte die National-Versammlung in Stuttgart noch an, wie aus der Anzeige, daß er sein Mandat als Abgeordneter niederlege, erhellt; eben so Würtemberg und viele andere deutsche Staaten. Kurz, man mag die Sache drehen und wenden, wie man will, es ist nicht abzusehen, was zu der Behauptung berechtigt, die National-Versammlung habe durch ihre Verlegung nach Stuttgart ihren Charakter als solche verloren. Und wie sollte auch eine Versammlung, der die Nation die größte Aufgabe, ihre höchsten Güter, die Schaffung einer Verfassung für Deutschland anvertraut, der die Nation kraft ihrer Souverainetät den Charakter einer constituirenden beigelgt, die als Norm ihrer Beschlüsse und Handlungen nur ihren eigenen Willen kannte; — ich sage, wie sollte auch eine solche allmächtige, in Wahrheit souveraine Versammlung das Recht nicht gehabt haben, ihre eigene Geschäftsordnung festzusetzen, zu verändern oder zu ergänzen? — Man könnte gerade so gut behaupten, sie sei weiter nichts als ein Provincial-Landtag gewesen!


ZITAT REDE BERMBACH III. Der letzte, in neuester Zeit noch aufgefundene Grund endlich: „„durch den Austritt  vieler Abgeordneten habe  die National-Versammlung den erforderlichen Bestand von 350 Mitgliedern verloren““, verdient kaum der Erwähnung. Wenn man die Stelle, auf die man sich beruft, ins Auge fasst, so wird man finden, daß dieselbe sich nur auf die erste Constituierung der Versammlung bezieht;  daß sie für die constituirte Versammlung nicht maßgebend sein sollte, beweist § 18. derselben Geschäftsordnung, worin anfänglich die Zahl 200 als zur Beschlußfähigkeit erforderlich angenommen und später auf 100  herabgesetzt worden ist.


ZITAT REDE BERMBACH Wenn aber das öffentliche Ministerium meint, „„es sei offenbar, daß man einer Versammlung von 105 Personen die Rechte und Befugnisse des von einem großen Volke nach Seelenzahl in einer Anzahl von mehr als 600 gewählten National-Parlaments nicht beilegen könne““, so möge das öffentliche Ministerium sich erinnern, daß in dem Lande „„der Erbweisheit““ das aus 658 Mitgliedern bestehende Unterhaus mit 40, bei minder wichtigen Angelegenheiten mit 20, und das aus 429 Mitgliedern bestehende Oberhaus mit 3 beschlußfähig ist. Endlich hat das öffentliche Ministerium gegen die Rechtsbeständigkeit der National-Versammlung in Stuttgart noch eingewendet, die National-Versammlung habe ihre Befugnisse überschritten. Hier würde ich wirklich wünschen, daß das öffentliche Ministerium mir angäbe, wer das Recht habe, die Befugnisse der National-Versammlung zu begränzen. Wenn nun nach allem Gesagten unzweifelhaft feststehen dürfte, daß die National-Versammlung in ihrer Zusammensetzung zu Stuttgart zu Recht bestand — und ich versichere Sie, es ist keinem Abgeordneten hierüber jemals der geringste Zweifel aufgestiegen


Weiterhin ist es die Kölnische Zeitung vom 13.1.1850. Es folgt nun weiterhin der Text der BEILAGE, also hier von Seite 11 der zweiten Ausgabe 13.1.1850. Nun: die mittlere Spalte. [X]


—, so findet auch das Gesetz der Unverantwortlichkeit vom 30. September 1848 auf die Mitglieder jener Versammlung seine volle Anwendung, und die Unzulässigkeit und Ungegründetheit (Sic! ...gegrün..., K. J.) der Anklage wäre bewiesen. Das Stadium, in das diese Procedur getreten ist, nöthigt mich jedoch, noch weiter auf die Anklage einzugehen und nachzuweisen, daß, selbst abgesehen von dem Unverantwortlichkeits-Gesetze, der incriminirte Beschluß keines der Verbrechen involvirt, welche das öffentliche Ministerium daraus herzuleiten sucht. Das so genannte Complott soll nach der Anklage bezweckt haben: 1) einen Umsturz und Veränderung der deutschen Bundes-Verfassung; 2) einen Umsturz und Veränderung der preußischen Regierung; 3) Bewaffnung der Bürger gegen die bestehenden Regierungen.


ZITAT REDE BERMBACH Was den ersten Anklagepunct betrifft, so würde ich auch hier der Anklage-Behörde auf das Gebiet des Staatsrechtes gefolgt sein und aus der Bundes-Acte und den Ereignissen nachgewiesen haben, daß von einer Bundes-Verfassung keine Rede mehr sein konne, wenn mich nicht officielle Erklärungen der preußischen und anderer Regierungen dieser Mühe überhoben hätten. Ich erlaube mir, Ihnen einige derselben zu verlesen. In der Sitzung des Verwaltungsrathes vom 8. October v. J., worin über Herstellung der von Preußen und Oesterreich proponirten Central-Gewalt debattirt wurde, bemerkte der großherzoglich hessische Bevollmächtigte, „„daß er das Jahr 1848 durchgelebt habe und nicht glaube, die Vorgänge dieses Jahres nach ihrer wirklichen Schwere und Bedeutung zu verkennen. Seiner Ueberzeugung nach sei an dem Tage, an dem aus den Abgeordneten aller deutschen Bundesstaaten die erste deutsche National-Versammlung in Frankfurt zusammengetreten, der bis dahin bloß völkerrechtliche Verein der deutschen Staaten in einen Bundesstaat übergegangen. Wie man aber auch jetzt über den Fortbestand des alten Bundes trotz des Jahres 1848 denken möge, die Bundes-Verfassung sei durch jenes Jahr ein- für allemal vernichtet““.


ZITAT REDE BERMBACH In der von der preußischen an die hannover’sche Regierung auf den Protest der letzteren gegen Einberufung des Reichstages erlassenen Note heißt es wörtlich: „„Nur die Bundes-Versammlung hatte mit dem Bundesrechte und den einmal gegebenen Verhältnissen im organischen Zusammenhange gestanden, die monarchisch-constitutionelle Central-Gewalt war aus der Zukunft anticipirt und ein Stück einer constitutionellen Verfassung gewesen, wie man sie beabsichtigt, aber nicht zu Stande gebracht hatte. Ihr Bestehen hatte daher auch keine Continuität der Bundes-Verfassung bewirken können. Mit der Bundes-Versammung war die concrete Erscheinung und der Repräsentant des Bundes verschwunden. Niemand war ihre Restauration zu fordern berechtigt, und so konnte die Bundes-Verfassung, ohne die ihr entsprechende äußere Organisation, ohne Aussicht auf Wiederherstellung dieser Organisation, als solche von keiner Gültigkeit mehr sein.““ Etwas weiter findet sich folgende Stelle: „„Der deutsche Bund war ein Verein unabhängiger und gleichberechtigter Staaten. Nach diesem seinem Begriffe konnte die ihm entsprechende Organisation der Gemeinschaft nur im Zusammentritt von Repräsentanten aller einzelnen Staaten liegen. Ist diese Organisation aufgehoben, so fehlt auch die Verfassung des Bundes.““ Endlich wird geradezu ausgesprochen: „„Die Bundes-Verfassung sei untergegangen.““


ZITAT REDE BERMBACH Wenn aber das öffentliche Ministerium, wie es heute früh that, behauptet, das seien bloß die Ansichten eines ministeriellen Beamten gewesen, welche ohne besonderen Werth seien, so möchte ich wirklich fragen, welcher Aeußerung der Regierung das Volk hinführo noch Glauben schenken könne. Ganz im Einklange mit dieser Erklärung handelte auch die preuß. Regierung, indem sie 1) in Sachsen, 2) in die Pfalz und in Baden einrückte, ohne eine Aufforderung der, nach Ansicht der Staats-Anwaltschaft an die Stelle der Bundes-Versammlung getretenen Central-Gewalt abzuwarten, ohne derselben nur eine Anzeige zu machen; indem sie 3) einseitig mit Dänemark einen Waffenstillstand und 4) mit anderen Regierungen ein Sonderbündniß abschloß, — alles Handlungen, welche im directesten Widerspruche mit dem klaren Wortlaut der Bundes- und wiener Schlußacte stehen und den offenbarsten Bundesbruch enthielten, wenn jene Staatsverträge noch gültig wären. Trotz dieser aber doch, bei Gott! verständlichen Sprache leitet man in demselben Preußen Anklagen ein wegen eines Complotts zum Umsturze der durch Wort und That für nicht mehr existent erklärten Bundes-Verfassung, setzt die Angeklagten halbe Jahre lang allen Qualen und unwürdigen Chicanen einer nicht zu rechtfertigenden Haft aus und schleppt sie wie Missethäter vor die Schranken der peinlichen Gerichtshöfe!


ZITAT REDE BERMBACH Der zweite Anklagepunct lautet auf eine beabsichtigte Veränderung und Umsturz der preußischen Regierung. Ich habe mich vergeblich abgemüht, einen nur irgend haltbaren Grund für eine solche Behauptung aufzufinden. Der Anklage-Act sagt: „„Die Beschlüsse vom 6. Juni stellen eine Verbindung dar zum Zwecke der Veränderung und des Umsturzes der preußischen Regierung,““ — und weiter: „jene Beschlüsse waren dahin gerichtet, die Bürger Deutschlands gegen die Regierungen in die Waffen zu bringen, und unter Führung der Partei in Stuttgart, unter Führung der Reichs-Regentschaft (eines dieser Partei verantwortlichen revolutionären Vollziehungs- Ausschusses) die deutschen Regierungen und Volksstämme zur Durchführung der in Frankfurt beschlossenen Verfassung zu zwingen und hiermit auch insbesondere die Veränderung und den Umsturz der preußischen Regierung durchzusetzen.““ — Ein sehr kühner, aber sonderbarer Schluß! Bisher ist es mir noch unbekannt gewesen, daß man mit Beschlüssen Bürger bewaffnen, Volksstämme zur Anerkennung einer Verfassung zwingen und Regierungen stürzen könne. Auch würde die Wahl eines revolutionären Vollziehungs-Ausschusses ohne eine Revolution ein sehr eigenthümliches Experiment sein. — Doch ich könnte mich begnügen, diesen Behauptungen einfach entgegenzusetzen, daß sie unwahr seien, und die Vermuthung würde beim Mangel eines gegentheiligen Beweises für mich sprechen. — Aber ich bitte Sie, sehen Sie alle Beschlüsse, sehen Sie alle Reden durch, nirgendwo werden Sie einen Beschluß, nirgendwo nur eine Andeutung finden, die auf eine gewaltsame Veränderung und einen Umsturz der preußischen Regierung hinzielt. Was hatte auch die deutsche National-Versammlung mit der preußischen Regierung zu thun? Es handelte sich lediglich um eine Aufrechterhaltung und einen Schutz der deutschen Reichs-Verfassung gegen fremde Eingriffe.


ZITAT REDE BERMBACH Es wurde wiederholt ausgesprochen, daß man den legalen Faden, der sich durch unsere Beschlüsse bisher gezogen, fortsetzen, daß man auf dem Boden, den die Versammlung sich von Anfang an bestimmt hatte, beharren wolle. Sie werden z. B. in dem Beschlusse vom 8. Juni, der die badischen Zustände behandelte, finden, daß zur Vermeidung jedes Mißverständnisses und zur Abweisung jeder Verdächtigung, als habe die Versammlung andere Hintergedanken, im ersten Satze, der Baden unter den Schutz des Reiches stellt, hinzugesetzt wurde: „„in den Anstrengungen für Durchführung der am 28. März endgültig beschlossenen und verkündigten Verfassung des deutschen Reiches““ — und im zweiten Satze, der die desfallsigen Anträge der Reichs-Regentschaft zur Berücksichtigung bei den von ihr eingeleiteten Schritten überweist: „„insbesondere so weit dies erforderlich ist zur Regelung der Verhältnisse jener Länder auf den Grund der Reichs-Verfassung““. Und fürwahr, eine Behauptung, wie die vom öffentlichen Ministerium ausgesprochene, verräth wenig Kenntniß, sonst würde man wissen, daß es ausgesprochene Tendenz der Versammlung und namentlich auch jener Fraction, die in letzter Zeit durch ihre Mitgliederzahl die entschiedene Majorität hatte, war, sich keinerlei Eingriffe in die Verfassungs-Angelegenheiten der einzelnen Staaten zu erlauben. Das öffentliche Ministerium hat zum Beweise des gegenwärtigen Anklagepunctes in seinem Plaidoyer behauptet, durch die Wahl des Königs von Preußen zum Kaiser von Deutschland habe man sich einen Eingriff in den inneren Organismus Preußens erlaubt, indem man offenbar beabsichtigt habe, Preußen in eine Provinz zu verwandeln. Es ist fürwahr eine Behauptung, wie mir noch keine vorgekommen, daß, wenn man einen König über 16 Millionen zu einem Kaiser über 32 Millionen machen will, man sich dadurch eines Complottes zum Umsturz dieser Regierung schuldig mache.


ZITAT REDE BERMBACH Gleich unstichhaltig ist der letzte Anklagepunct: „„Complott zur Bewaffnung der Bürger gegen die Regierungen.““ Hier drängt sich zunächst die Frage auf: gegen welche Regierungen? da es deren bekanntlich eine ziemliche Anzahl gibt; wahrscheinlich sollen jedoch die deutschen Regierungen gemeint sein. Nun muß es in dieser Beziehung schon sehr auffallen, daß Würtemberg, welches nach Lage der Dinge durch ein solches Complott am meisten gefährdet worden wäre, keinen Grund zur Verfolgung seiner Abgeordneten fand, daß gerade die preußische Regierung der Welt dieses Beispiel eines überzarten Rechtssinnes gab, welchem Beispiele dann später noch die baierische Regierung nachfolgte, die jedoch bereits davon zurückgekommen ist. Wenn aber dieser Umstand die Beschuldigung schon sehr verdächtig erscheinen läßt, so wird dieselbe völlig unbegreiflich, wenn man die Thatsachen ins Auge faßt. Der betreffende Passus des Gesetzes vom 6. Juni lautet:


ZITAT REDE BERMBACH „„Als nächste Zielpuncte ihrer Wirksamkeit bezeichnet die National-Versammlung der Regentschaft: 1. schleunige Aufstellung eines Reichs-Heeres und Organisation der Volksbewaffnung zur Durchführung der Reichs-Verfassung.““ Die betreffende Verordnung der Reichs-Regentschaft besagt: „„Die deutsche Reichs-Regentschaft, in Vollziehung des Gesetzes vom 6. Juni 1849, nach dem der Regentschaft obliegt, für die Aufstellung eines Reichs-Heeres zur Durchführung der Reichs-Verfassung Sorge zu tragen, beschließt: 1. zum Schutze des Reichs-Gebietes und der Reichs-Verfassung wird ein Reichs-Heer gebildet.““ Das Gesetz vom 16. Juni über Bildung der Volkswehr beginnt mit einer Bezugnahme auf das Gesetz vom 6. Juni und schließt mit den Worten: „„Vorstehendes Gesetz gilt bis zur erfolgten Durchführung der Reichs-Verfassung.“


Weiterhin ist es die Kölnische Zeitung vom 13.1.1850. Es folgt nun der Text der BEILAGE, also von Seite 11 der Ausgabe. Nun aber: die rechte Spalte. [X]


ZITAT REDE BERMBACH Was kann klarer sein? Wie kann man da noch einen Zweifel über den Zweck dieser Maßregel hegen? Was hat der Schutz des Reichs-Gebietes und der Reichs-Verfassung mit einer Bewaffnung der Bürger gegen die Regierungen gemein? Das öffentliche Ministerium sollte aber, wenn es die Reichs-Regentschaft aus ihren parlamentarischen Reden charakterisiren, wenn es überhaupt Thatsachen beurtheilen will, sich wenigstens so weit mit den Thatsachen bekannt machen, daß es weiß, wovon es redet. Heute früh hat es aber, um den Reichs-Regenten Simon zu charakterisiren, die Rede von Ludwig Simon vorgelesen. Nun war aber Ludwig Simon von Trier nie Reichs-Regent; der Reichs-Regent hieß Heinrich Simon aus Breslau. Wenn aber die Staatsbehörde die Aufstellung eines Reichs-Heeres für etwas Ungeheuerliches und außerhalb der Befugnisse des Parlamentes Liegendes hält, so möchte ich darauf aufmerksam machen, daß man sich mit dem Gedanken seit den ersten Zeiten beschäftigte, daß zu dem Zwecke ein Wehrausschuß gebildet wurde, daß die Organisation der Volkswehr mehrfach angeregt und früher nur wegen dringenderer Geschäfte hinausgeschoben worden war; daß endlich in der vom Parlament erlassenen Ansprache ans deutsche Volk, die Ludwig Uhland zum Verfasser hatte, folgende Stelle vorkommt:


ZITAT REDE BERMBACH „„Wir fordern zu keinem Friedensbruche auf, wir wollen nicht den Bürgerkrieg schüren, aber wir finden in diesen eisernen Zeiten nöthig, daß das Volk wehrhaft und in Waffen geübt dastehe, um, wenn sein Anrecht auf die Verfassung und die mit ihr verbundenen Volksfreiheiten gewaltsam bedroht ist, und wenn ihm ein nicht von seiner Vertretung stammender Verfassungszustand mit Gewalt aufgedrungen werden wollte, den ungerechten Angriff abweisen zu können; wir erachten zu diesem Zwecke für dringlich, daß in allen der Verfassung anhangenden (...hang..., Sic! K. J.) Staaten die Volkswehr schleunig und vollständig hergestellt und mit ihr das stehende Heer zur Aufrechterhaltung der Reichs-Verfassung verpflichtet werde.““


ZITAT REDE BERMBACH Nicht uninteressant dürfte es wegen der näheren Beziehung sein, an den von den Städte- und Gemeinde-Verordneten der Rheinprovinz hier in Köln am 8. Mai v. J. gefaßten Beschluß zu erinnern, in welchem unter Anderm folgende Stelle vorkommt: „„ 2. Die Verfassung fordert das gesammte Volk der Rheinlande und namentlich alle waffenfähigen Männer auf, durch Collectiv-Erklärungen in kleinen und größeren Kreisen seine Verpflichtung und seinen unverbrüchlichen Willen, an der deutschen Reichs-Verfassung festzuhalten und den Anordnungen der Reichs-Versammlung Folge zu leisten, auszusprechen. 3. Die Versammlung fordert die deutsche Reichs-Versammlung auf, nunmehr schleunigst kräftigere Anordnungen zu treffen, um dem Widerstand des Volkes in den einzelnen deutschen Staaten und namentlich auch in der Rheinprovinz jene Einheit und Stärke zu geben, die allein im Stande ist, die wohlorganisirte Gegenrevolution zu Schanden zu machen.“ Aber trotzdem diese verschiedenen Beschlüsse ziemlich dasselbe besagen, wie der jetzt angefochtene, hat man in ihnen nichts Anstößiges entdeckt.““


ZITAT REDE BERMBACH Das Verbrechen, dessen man mich beschuldigt, das Verbrechen des Hochverraths, setzt nach allen Criminalisten, wie auch der Hr. Gen.-Procurator in seiner Cassationsschrift anerkennt, einen hochverrätherischen animus, d. h. eine Willens-Bestimmung voraus, welche mit dem Bewußtsein der Gesetzwidrigkeit des Begehrens auf Vernichtung des Daseins des Staates gerichtet ist. — Nun frage ich Sie, können Sie glauben, daß jene Abgeordneten, welche in Stuttgart zusammen kamen, die Absicht hatten, ein Verbrechen zu begehen? Können Sie annehmen, daß jene Männer auch nur eine Ahnung hatten, ihr Beschluß involvire ein hochverrätherisches Complott? — Wir wurden in Stuttgart von der Bürgerwehr, dem Magistrat und einer Deputation der Ständekammer feierlich als National-Versammlung empfangen; die würtembergische Regierung erkannte uns als solche bis zuletzt an; der Minister-Präsident nahm an unseren Sitzungen Antheil. Kein Zweifel gegen unsere Berechtigung ward laut. Wie kann man da einen hochverrätherischen animus, den das mir zu Last gelegte Verbrechen voraussetzt, auch nur muthmaßen? Uns ist fürwahr nie der Gedanke gekommen, daß man uns als Verbrecher verfolgen könne. — Und zudem, wird ein einfaches Factum erst hintendrein durch die gezwungenste, willkürlichste Interpretation zu einem Verbrechen? Muß es diesen Charakter nicht von vorn herein an der Stirn tragen? Warum schritt man nicht gleich nach Bekanntwerdung des incriminirten Beschlusses gegen die vermeintlichen Verbrecher ein? Warum verlangte man nicht deren sofortige Ergreifung, statt sich in einem Ultimatum an die würtembergische Regierung zur Sprengung der National-Versammlung zu richten, und leitete erst nach Verlauf eines Monats Untersuchungen ein? Hätte sich die Staatsbehörde durch dieses verzögerte Einschreiten nicht einer Mitschuld an den vorgeblichen Verbrechen theilhaft gemacht? — Und wie kommt es, daß Würtemberg, daß fast alle übrigen deutschen Staaten keinen Grund zur Verfolgung ihrer Abgeordneten fanden? — Doch genug!


ZITAT REDE BERMBACH Sie sehen, die Anklagepuncte fallen, so wie man ihnen ins Auge sieht, einer um den anderen, die ganze Anklage fällt zusammen wie ein Kartenhaus vor einem Luftzuge und erscheint dem prüfenden Verstande in ihrer ganzen kläglichen Ungegründetheit und Nacktheit. Und wie sollte es auch anders sein, da ja selbst die Ereignisse der glänzendste (Sic! ohne n am Ende, K. J.) Vertheidigung und Rechtfertigung des als verbrecherisch bezeichneten Beschlusses, so wie der ganzen Politik des letzten Restes des Parlaments geliefert haben? — Blicken Sie hin auf die Lage Europa’s, Deutschlands, Preußens! Der Einfluß Rußlands über den Westen Europa’s und namentlich über Deutschland immer entschiedener hervortretend; ein Einfluß, so verderblich für Cultur, Civilisation und Nationalität, daß jede vernünftige Politik ihn zu brechen und zu vernichten suchen müßte, und so mächtig, daß die anderen Großmächte jetzt schon fast nur wie Satrapen im Gefolge des Selbstherrschers aller Reußen erscheinen. Deutschland, zerklüfteter und zerrissener als je, und ein Bild jammervoller Zerrüttung, physischer wie moralischer Schwäche darbietend durch jene kleinliche, aber lehrreiche Eifersüchtelei seiner zahlreichen Fürsten und Herren, welche es schon so oft an den Rand des Verderbens gebracht hat. Preußen, sich mit einem Constitutionalismus brüstend, der doch nur eine Fiction ist und wohl auch bleiben wird, bis wieder einmal frische, belebende Märzlüfte die Ankunft eines schöneren, dauernden Frühlings verkünden. Erwägen Sie dies, und dann sagen Sie mir, ob die National-Versammlung Unrecht hatte, wenn sie glaubte, daß mit ihrem Falle auch die Hoffnung auf ein einiges und freies Deutschland auf lange Zeit dahin sinken würde! — Schauen Sie hin auf das Product der drei Könige, welches dem deutschen Volke als eine Abschlagszahlung für gemachte Versprechungen, statt der von seiner rechtmäßigen Vertretung beschlossenen Verfassung geboten worden ist.


ZITAT REDE BERMBACH Werfen Sie Ihre Blicke auf das fruchtlose und vergebliche Ringen und Abmühen der hohen Väter zur Erzielung einer Einigung über die Erziehung und Heranbildung jenes Kindleins, das als eine Zierpflanze das Licht der Welt erblickte und von Anfang an wenig Lebensfähigkeit vermuthen ließ. Blicken Sie hin auf jenes s. g. Interim, welches nun an die Spitze der Geschäfte Deutschlands getreten ist und nichts Anderes ist, als eine Wiederherstellung des alten Bundestages, nur in verschlechterter Auflage, als eine Wiedereinführung des Despotismus, in dessen unehrenvolle Vortheile Preußen und Oesterreich sich wie zur Zeit des seligen Bundestages theilen, als eine neue Befestigung des verderblichen Uebergewichts der österreichischen Politik, neben welcher die Einberufung eines deutschen Reichstages, wenn sie auch Statt finden sollte, doch nur eine hohle Form ist und sein muß. Und wenn Sie dies erwogen haben, dann sagen Sie mir, ob es nicht Pflicht der dies vorhersehenden National-Versammlung war, ihre letzten Kräfte anzustrengen, um die rechtmäßig zu Stande gekommene Reichs-Verfassung ins Leben zu rufen und zur Geltung zu bringen.


ZITAT REDE BERMBACH Aber gerade, daß die National-Versammlung diesen Vorausblick hatte, daß sie nicht mit verschlossenen Augen und Ohren den Weg des Vertrauens zu den Fürsten und deren Verheißungen wandeln und die Einführung der Verfassung dem wohlweislichen Ermessen und der väterlichen Fürsorge der hohen Mächte überlassen wollte, daß sie die Verwegenheit hatte, ihren eigenen Willen, als einen gleichberechtigten, ja, als einen höheren, dem Willen der Cabinette entgegen zu stellen; — das lief allerdings dem wiedererstarkten göttlichen Rechte schnurstracs zuwider, und das ist das einzige Verbrechen, dessen man uns zeihen kann und weßwegen ich hier vor diesen Schranken stehe. Vom Standpuncte des Rechts, der Vernunft und des Gesetzes aus, wird das öffentliche Ministerium mit Aufgebot aller juristischen Spitzfindigkeiten und Sophismen keinen nur irgend haltbaren Grund zu dieser Anklage auffinden können, die da weiter nichts ist, als ein Conglomerat von unbewiesenen Annahmen und nichtssagender Zweideutigkeit.


ZITAT REDE BERMBACH Es handelt sich hier nicht um die Schuldig- und Nichtschuldig-Erklärung einer bloßen Person, eine höhere, heiligere Sache ist Ihrem Urtheile unterbreitet. Es handelt sich hier um einen Kampf zwischen der Willkür und der Existenz der Volksvertretung. Jenes Recht, welches den Träumen Ihrer Jugend vorschwebte, welches Sie in gereifteren Jahren mit männlicher Kraft erstrebten, welches die vereinigten Anstrengungen des Jahres 1848 uns brachten und für dessen Wiedererlangung, wenn es je verloren gehen sollte, Ihre Kinder und Kindeskinder ihr Herzblut vergießen würden; — dieses Recht ist durch das gegenwärtige Verfahren gefährdet und in Frage gestellt. Oder glauben Sie, wenn hier ein Schuldig ausgesprochen würde, es würde sich noch ein freisinniger und uneigennütziger Mann finden, der ein Mandat annähme, hinter dem ein Todesurtheil stände? Und was würde die unausbleibliche Folge davon sein? Sie würden Kammern erhalten, welche nur ein Classe verträten, die den Wunsch nicht haben könnte, Mißbräuche abzuschaffen, welche ihr selbst zu Statten kämen; welche, größtentheils aus Be-


Weiterhin ist es die Kölnische Zeitung vom 13.1.1850. Es folgt nun der Text der BEILAGE, aber von Seite 12 der Ausgabe. Linke Spalte. = SCHLUSS DES GESAMTARTIKELS. [X]

amten bestehend, sich unter der Abhängigkeit von den Ministern, denen die Mehrheit dienstbar wäre, hinschleppen würden. Doch nein! so weit wird es nicht kommen! — Der Genius des Vaterlandes wird uns davor bewahren! er wird über Ihrer Berathung schweben, und Sie werden, gleich den königsberger Geschwornen, laut und feierlich verkünden, daß ein Tribunal des Volkes sich nicht dazu gebrauchen lassen werde, das erste, das heilige Recht der Nation, das Recht der Volksvertretung, mit Füßen zu treten und zu vernichten! — Ich erwarte mit ruhiger Zuversicht Ihre Entscheidung. ENDE ZITAT REDE BERMBACH


Hierauf erhebt sich der Vertheidiger des Angeklagten, Advocat-Anwalt Hagen. Der Angeklagte, sagt er, habe sich an den Hauptkern der Anklage gehalten. Das öffentliche Ministerium dagegen habe das Grundthema der Anklage mit einer Masse Coloraturen und Variatonen verbrämt. Dem Vertheidiger bleibe daher, nach dem Vortrage des Angeklagten, nur die kurze Aufgabe, die Verbrämungen und Ausschmückungen von der Grundlage der Anklage abzulösen, damit die Geschwornen ein richtiges und klares Bild von dem Standpuncte und der Anschauungsweise der anklagenden Behörde gewinnen können. Er folgt dann dem Vortrage des Herrn Staats-Procurators und sucht dessen Ausführungen und Gründe zu widerlegen. Insbesondere bemüht er sich, den Satz auszuführen, daß der Angeklagte, nachdem er von dem Anklage-Senat außer Verfolgung gesetzt worden, gesetzlich nicht mehr hätte vor Gericht gestell werden dürfen. — Am Schlusse seiner Rede trug der Vertheidiger auf Freisprechung seines Clienten an.


Nachdem hierauf der Präsident die Debatten für geschlossen erklärt und in seinem Resumé die wesentlichsten Momente der Anklage und der Vertheidigung wiederholt hatte, sprachen die Geschwornen nach einer Berathung von wenigen Minuten das Nichtschuldig aus.


ZEITUNG-ARTIKEL-KoeZei-ENDE.


HINWEIS. Es steht direkt am Ende des Artikels, optisch aber etwas abgesetzt, diese Information: "Die londoner Zeitungen vom 11. Januar Abends waren am 12. Januar Abends nicht in Köln eingetroffen."


Und, wieder etwas abgesetzt: "Haupt-Redacteur K. H. Brüggemann."



Am 10.12.2023, erstmals offen, als offener Internet-Text, die ersten erschlossenen Teile des Ganzen ... auf dieser Webpage von K. J. ins Internet gestellt. Am 13.12.2023 war der Text des Zeitungsartikels (erschienen am 10.1.1850 und 13.1.1850) zu dem Prozess gegen Adolph Bermbach, geboren in Wiesbaden, nun aber lange Jahre in Köln, erstmals komplett erfasst, auf dieser Webpage hier. Grob rund 100.000 Zeichen samt Leerzeichen sind es, was in der KoeZei über diesen Prozess (vom 9.1.1850, das war der Tag des Prozesses) zu lesen stand.





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